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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0085
Die Sigmaringer Turner zur Mitte des 19. Jahrhunderts

ball den schön und erhebend verlebten Tag, an den sich alle, die sich auf irgend eine
Weise dabei beteiligten, mit Vergnügen erinnern werden. Es war ein Tag des Volkes,
und er leistete sichere Gewährschaft, dass noch viele nachkommen werden. - So oft
das Volk Feste feiert und Versammlungen hält, bewährt es seinen Sinn für Ordnung
und Gesetzlichkeit, den selbst die entschiedendsten Reaktionäre und Volksfeinde
anerkennen müssen, und der die Grundlosigkeit der den demokratischen Bestrebungen
herkömmlich entgegengesetzten Einrede der Unreife des Volkes am Schlagendsten
beweist. Das lässt sich nun einmal nicht mehr bestreiten, dass das Volk weiß, was
es will, und dass es dazu reif ist, es will die Republik und es kann sie ertragen; der
Erfolg wird dies lehren.

Leserbrief des Sprechers der Sigmaringer Turngemeinde R. Rhein, abgedruckt
in: Der Erzähler vom 22. September 1848 (Nr. 76) S. 238.

„Einige Anwesende" bei dem Turnfeste hier fragen „im Volksfreund von Hohen-
zollern" an, warum der Sprecher Rhein in Mitte seiner Rede stecken geblieben sei,
und möchten den Inhalt des ausgelassenen zweiten Teils hören.

Diese Anfrage riecht gewaltig nach Konstitutionellen, und für diese habe ich nicht
gesprochen; sie hätten fuglich zu Haus bleiben können, und war der erste Teil meiner
Rede nicht für sie, so brauchen sie auch den zweiten nicht zu wissen. Dessungeachtet
will ich ihre Frage beantworten.

Zuerst scheinen diese Herrn an dem Wort „Sprecher" sich zu ärgern. Wussten Sie,
dass jede Turngemeinde einen solchen wählt, und dass der Gewählte die Stelle übernehmen
muss, so könnte es Ihnen nicht so auffallend, als es den Anschein hat, vorkommen
, wenn der Sprecher nicht immer ein Rednertalent ist.

In Mitte der Rede blieb ich nicht stecken, kann daher Ihnen den zweiten Teil nicht
nachholen; ich stockte erst im letzten Satz der Bewillkommsrede,der lautet: „Und
wenn wir in spätem Zeiten auf unsere Nachkommen sehen, ein neu Geschlecht auf
freiem Boden etcetera".

Ich könnte den Herrn nun sagen, bei diesen Worten habe ich unwillkürlich an die
bis dahin noch zu überwindenden Schwierigkeiten gedacht, es sei mir eingefallen, wie
viele Vergebensfresser, die man eben jetzt bezahlt, weil man sie doch verhalten muss,
dadurch brodlos werden, ich habe vielleicht dabei selbst an Einen oder den Andern
der „einigen Anwesenden" gedacht, und sei deshalb aus dem Konzept gekommen -
und sie müssten damit zufrieden sein.

Aber ich erkläre Ihnen hier, dass ich das erstemal eine Rede vor versammeltem
Volke hielt, und jeder Vernünftige wird dann entschuldigen, wenn ich etwas aus dem
Gleise kam. Es hat noch keiner schwimmen gelernt, ohne dass er ins Wasser ging, und
keiner wird ein Redner, ohne dass er öffentlich auftritt.

Wenn Sie, meine Herrn, aber dennoch den zweiten Teil der Rede wollen, so verweise
ich Sie auf meine Schlussrede, die Sie ohne Zweifel auch gehört haben, oder ich
will Ihnen noch einen zweiten Teil machen.

Habe ich durch diese Beantwortung der Frage nun Ihre Wissbegierde befriedigt, so
werden Sie auch so gefällig sein, mir einige Fragen zu beantworten. Ich frage:
L Wie kommt es, dass Einer wegen kleiner Vergehen manchmal streng bestraft wird,

während ein Anderer, der um viele tausende betrügt, straflos ausgeht?

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