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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0112
Barbara Guttmann, Ute Grau

zuführen. Eine Verfeinerung der hergestellten Erzeugnisse brachte kompliziertere
Arbeitsmethoden und die Notwendigkeit zu Anschaffung einer Vielzahl verschiedenartiger
Maschinen mit sich. Man benötigte nun Wasch- und Trockeneinrichtungen
, Bleichereien, Rauereien, Kalandereien und weitere Einrichtungen, um das Tri-
kotgwebe zu veredeln, bevor es konfektioniert wurde. Viele ehemalige Hausindustrielle
verkauften ihre veralteten Maschinen als Eisenschrott und gingen als Arbeiter
in Fabriken71. Bereits 1900 produzierten nach einer Erhebung des Oberamts Balingen
von 18 Tailfinger Trikot-Unternehmen nur noch eines im Handbetrieb, sechs
Betriebe verwendeten Benzinmotoren und 11 Dampf als Antriebskraft72. Im Zuge
dieser Entwicklung veränderten sich auch die Erwerbsarbeitsmöglichkeiten für
Frauen.

12. WIRKER UND „NÄHTERINNEN" - GESCHLECHTSSPEZIFISCHE
ARBEITSTEILUNG IN DER INDUSTRIELLEN TEXTILPRODUKTION

Teilten sich in den kleinen Hausgewerben, wie die Anfänge der Firma Blickle zeigten,
Männer und Frauen noch die Arbeit am Rundstuhl, war Wirken in der Fabrik nun
eindeutig „Männerarbeit". Dies galt jedenfalls für Tailfingen und den gesamten Oberamtsbezirk
Balingen. In Stuttgart (Stadt und Amtsbezirk) hingegen fanden sich Ende
des 19. Jahrhunderts nur weibliche Wirker. Dort hatte sich eine kapitalintensive Trikotagen
-Industrie herausgebildet, die mit modernster Technik nur feine und feinste
Ware produzierte. In Tailfingen hingegen waren meist noch ältere Maschinen im Einsatz
, mit denen einfachere „Pfundware" produziert wurde73. Dass die modernen
Maschinen in Stuttgart weniger Krafteinsatz bei der Bedienung erforderten als die
älteren, im Bezirk Balingen betriebenen, erscheint als Erklärung für den bevorzugten
Einsatz von Frauen in Stuttgart aber kaum plausibel74. In der Stuttgarter Trikotagen-
Industrie dürften Frauen vor allem deshalb als Wirkerinnen beschäftigt gewesen sein,
weil Stadt und Region für Männer in anderen Industrien attraktivere, d. h. besser qualifizierte
und damit besser bezahlte Arbeitsplätze boten. Im Bezirk Balingen hingegen
gab es neben der Trikotagen-Industrie keine nennenswerten anderen Industriezweige
.

Dies erklärt auch die erheblichen Lohnunterschiede in der Trikot-Branche zwischen
Stuttgart und der Region Balingen. Die Handels- und Gewerbekammer in
Stuttgart beklagte schon 1879 den Umstand, dass ...in Folge der bedeutenden Hausindustrie
in Ebingen und Tailfingen die Arbeitslöhne auf ein Minimum herabgedrückt
und dadurch einige Stuttgarter Firmen genötigt waren, dort im Lohn arbeiten

71 Bergmann (wie Anm. 7), S. 13ff.

72 StA Ludwigsburg E 177 I, Bü 2997, Verzeichnis der Fabriken des Bezirks. Die 18 Tailfinger
Unternehmen beschäftigten im Oktober 1900 insgesamt 1.262 Personen.

73 Reinhard (wie Anm. 27), S. 50.

74 Gebhard Kern vom Arbeitskreis des Maschenmuseums Albstadt danken wir für Hinweise
betr. des bei unterschiedlichen Maschinentypen erforderlichen Krafteinsatzes.

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