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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0124
Barbara Guttmann, Ute Grau

Arbeiterinnen möglichst weitgehend auszubeuten. Zum anderen wird deutlich, wie
unerlässlich eine behördliche Überwachung zur Durchsetzung des Arbeiterinnenschutzes
war. Die Einsetzung weiblicher Gewerbeinspektoren, die ihr Hauptaugenmerk
auf die Situation der Arbeiterinnen richteten, war ein wichtiger Schritt zur Verbesserung
der Arbeitsbedingungen von Frauen. Allerdings konnte die Gewerbeaufsicht
angesichts ihrer personellen Besetzung stets nur einen Teil aller Betriebe revidieren
, auch der Wirkungskreis einer, später zweier Inspektionsassistentinnen muss-
te relativ beschränkt bleiben. Hinzu kam, dass die württembergische Fabrikinspektion
, im Vergleich zur badischen, kaum sozialpolitisch und sozialwissenschaftlich ausgerichtet
war. In der Tradition von Ferdinand Steinbeiß stehend, der 1865 bis 1880
Präsident der Zentralstelle für Handel und Gewerbe war, hatte die württembergische
Gewerbeinspektion eine eher schwache Position. So durfte sie, wie die Tailfinger Vorgänge
zeigten, nicht unmittelbar Aufforderungen an die Unternehmer erlassen, sondern
hatte entsprechende Anträge an das Oberamt zu stellen, das dann weitere Maßnahmen
ergriff120. Auf diese Unterschiede in der grundsätzlichen Ausrichtung der
Gewerbeaufsicht dürfte es auch zurückzuführen sein, dass in Baden die Position der
Fabrikinspektorin eine stärkere war als in Württemberg. Die Stelle wurde mit wissenschaftlich
qualifizierten Frauen besetzt, die ihre Arbeitsergebnisse in einen größeren
sozialwissenschaftlichen Kontext stellten und z. B. im Fall Marie Baums eine für
ihre Zeit bahnbrechende soziologische Studie zur Situation von Arbeiterinnen ver-
fasste121.

18. SOZIALE INTERESSENGEGENSÄTZE: ARBEITER/INNEN
UND UNTERNEHMER

Die württembergische Inspektionsassistentin Grünau hatte bereits in ihrem ersten
Bericht 1901 darauf hingewiesen, dass die Arbeiterinnen selbst oft nur ungenügend
über ihre Rechte informiert und nur in geringem Maße organisiert waren.

Auf der Schwäbischen Alb waren die Arbeiterinnen, wenn überhaupt, meist in
christlichen Vereinen organisiert. In Ebingen bildete sich 1901 ein katholischer Arbei-

120 Nüske (wie Anm. 5), S. 15. Während die württembergische Gewerbeaufsicht durch Steinbeiß
geprägt war, hatte in Baden der erste beamtete Leiter der Fabrikinspektion, Woerishoffer,
die Behörde „kritisch sozialpolitisch" geprägt. Vgl. Karin Haist: „Sie dächten daran zurück
wie an eine Zuchthausarbeit." Fabrikinspektionsberichte als Quelle für die Lage der badischen
Textilarbeiterinnen im späten 19. Jahrhundert. In: Frauenalltag - Frauenforschung. Beiträge zur
2. Tagung der Kommission Frauenforschung in der DGB, 22.-25. Mai 1986. Freiburg 1988, S.
297-309.

121 Marie Baum: Drei Klassen von Lohnarbeiterinnen in Industrie und Handel der Stadt
Karlsruhe. Hg. v. d. Großherzoglich Badischen Fabrikinspektion. Karlsruhe 1906. Eine Studie
zur Struktur und Tätigkeit der weiblichen Fabrikinspektion in Baden und Württemberg steht
noch aus. Allerdings ist die Quellenlage für Württemberg schwierig, da Akten zur Tätigkeit der
württembergischen Fabrikinspektorinnen im Bestand der Zentralstelle für Handel und
Gewerbe im StA Ludwigsburg nicht überliefert sind.

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