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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0161
Auf den Spuren des Hechinger Landgerichtsrats und Naturarzt Dr. Moritz Meyer

Am Ende bestand das Waldbad also nur aus einem Blockhaus und nicht, wie
zunächst beabsichtigt, aus mehreren. Es wird in einem Artikel des .Balinger Volksfreunds
', einer Zeitung aus dem benachbarten Württemberg, genauer beschrieben:
Wer bei der Einfahrt in die Station Zollern den Blick nordwestwärts schweifen läßt,
bemerkt das freundlich aus der Waldeslichtung hervorgrüßende schmucke Holzhaus,
das im Untergeschoß modern eingerichtete Küche- und Kellerräumlichkeiten birgt,
im Erdgeschoß gemütliche Verpflegungsräume aufweist und im Dachstock eine
Anzahl einfacher, aber sauberer und luftiger Schlafzimmer enthält29.

Wie Felke behandelte auch Moritz Meyer am liebsten mit Lehm und vertraute
ansonsten auf die wohltuende und heilsame Wirkung von Luft- und Lichtbädern,
Rohkost und Gymnastik. Mit einem ansprechend illustrierten Plakat warb Meyer
selbst für sein Erholungsheim: Die Erkenntnis, daß wir wieder mehr zur Natur
zurück kehren müssen, in ihr vor allem unsere Freuden und Erholung finden, muß
Allgemeingut des Volkes werden. Hier werden unsere Leiden aufgehoben
! Deshalb müssen gerade die am meisten Beladenen und Bedrückten
unserer schweren Zeit nach solcher Befreiung streben! - Hier hilft das Waldbad
! Hier findet Ihr in einer herrlichen Heimatsnatur Erfrischung und Genesung:
Gesundung von Euren Leiden \ Wie schon zuvor, so hat Meyer wohl auch im Waldbad
keine Bezahlung für seine homöopathischen Dienste eingefordert, im Gegenteil
die Kurgäste und Patienten zumeist unentgeltlich beherbergt und verköstigt.
Dadurch wurden seine Ersparnisse alsbald aufgezehrt, so dass er sein Erholungsheim
wieder schließen musste31.

Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde Meyer, der nach Aussage seines
Neffen stets auf der Seite der .staatstragenden Mächte' gestanden und in der Weimarer
Republik deutschnational gewählt hatte32, als Jude diskriminiert und verfolgt.
1935 wurde er gezwungen, sein Wohnhaus im Fürstengarten zu verkaufen, danach
wohnte er bis Mai 1942 in der Frauengartenstraße 17 und anschließend noch für kurze
Zeit im Waldbad33. Ein Jahr später wurden die Hechinger Juden von Bürgermeister
Bindereif per Verfügung vom 31. Juli 1936 entschädigungslos aus dem Allmand-
nutzungsrecht ausgeschlossen, nachdem der Reichs- und Preußische Minister des
Innern wenige Wochen zuvor angeordnet hatte, dass Juden grundsätzlich nicht zur
Nutzung am Gemeindevermögen berechtigt seien. Einige jüdische Bürger erhoben
dagegen Einspruch, unter ihnen Moritz Meyer. Die Sache kam bis zum Preußischen

29 Der Artikel wird zitiert von den Hohenzollerischen Blättern, Nr.135 vom 13. Juni 1930.

30 Werbeplakat für das .Erholungsheim Waldbad Zollern'. Lagerort: Hohenzollerische Heimatbücherei
Hechingen.

31 Vgl. Sauter (wie Anm.5).

32 Wolf, Oehmchen (wie Anm.3).

33 Meyers Wohnhaus und landwirtschaftlicher Besitz gingen an die Hohenzollerische Landesbank
und an den Apotheker Raithelhuber über. Vgl. Fragebogen zur Dokumentation der
Judenschicksale StadtAHech, Dokumentation (wie Anm.l). Auf Meyers Meldekarte ist vermerkt
, dass er ab 7.7. (oder 7.9.; die Monatszahl ist nicht eindeutig zu entziffern) 1935 in der
Frauengartenstraße 17 gewohnt habe und am 22.5.1942 nach Wessingen verzogen sei. Vgl. Meldekarte
Dr. Meyer, StadtAHech.

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