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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2004/0168
Hans Albrecht Oehler

Der Buchbinder Laubis, in dessen Laden damals tatsächlich die Delikatessen-
Vitrine das Angebot an gedruckter Geisteskost ergänzte, und der so die Haigerlocher
Haute volee mit Leckerbissen versorgte, die jede Woche aus Stuttgart geliefert
wurden, wird uns an Weihnachten in Grüningen wieder begegnen.

Doch zu Haigerloch gehörte genau so wie das Schloss und der Marktplatz das
Haag, der jüdische Wohnbezirk, der in seiner baulichen Geschlossenheit bis heute
bewahrt blieb. Levi, der „Rien-ä-vendre", kommt vom Moseshaus im Judenhag in das
stille Dasein des Schlossfräuleins. Zwischen den beiden Außenseitern in der Kleinbürgerwelt
hat sich eine Art stilles Einverständnis herausgebildet. Er geht gern zum
alten Fräulein - ich weiß nit - anders is se wie se ausschaut - so freindlich - es l'dsst
sich gut mit ihr rede. Bisher hatte er ihr nur dann und wann durch den ein oder anderen
Verkauf die finanzielle Enge ein wenig gelockert. Er ist der Nothelfer. Wenn es
nicht mehr reichen will für das bisschen Bedürfnisse des Lebens, wird ein wertvolles
Stückchen hoher Erinnerungen versilbert. Als Levi aber seine junge Frau verliert, findet
das Schlossfräulein eine späte Lebensaufgabe. Levi kann ihr nun sein kleines Kind
anvertrauen und es in ihrer Obhut lassen, wenn er, der jüdische Händler, auf Reise
gehen muss. Vorher geht er noch zum Jüdischen Friedhof zum guten Ort, legt einen
Stein auf einen frischen Hügel: Ich hab dich besucht, ich denk an dich.

In dieser frühen Erzählung liegen schon alle wichtigen Ingredienzien für die späteren
Geschichten Maria Batzers aus Haigerloch bereit.

DER PUPPENSPIELER 1912

Nach einer Pause von sechs Jahren begannen zwischen 1912 und 1916 in rascher Folge
sechs Bücher zu erscheinen, mit Geschichten, die sich alle aus dem Zusammenleben
in der eigenen Familie und mit dem Kreis der Nachbarn und der Freunde zu entwickeln
scheinen. So ist ihr Kennzeichen auch die Beigabe von ganzseitigen Fototafelbildern
als dokumentierende Illustration.

Das erste Buch dieser Gruppe, das vom Puppenspieler, verarbeitet fast nur Offenburger
Erlebnisse der Autorin und Geschichten, die in diesen Lebenskreis gehören.
In ihr persönliches Exemplar8 hat ihr die Mutter - ungewöhnliche Umkehrung einer
Buchwidmung! - zu Ostern 1912 die Verse eingetragen:

Aus diesen schlichten Zeilen
Spricht deines Wesens Art
Die tiefe, tapfre Liebe
Mit heitrem Sinn gepaart.

Das ist das ganze Mädi
So wie es leibt und lebt
Wie es mir vor den Augen
Und vor der Seele schwebt.

8 im Besitz der Familie
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