Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
41(126).2005
Seite: 48
(PDF, 38 MB)
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Andreas Zekorn

2. GESELLIGE LESEGESELLSCHAFTEN

2.1. Das Museum - Eine Gesellschaft der Oberschicht

Beginnen wir mit dem Vereinswesen. Gerade die geselligen Vereine hatten allgemein,
nicht nur in Europa, sondern auch in den Vereinigten Staaten von Amerika eine
besondere Bedeutung für das Entstehen einer bürgerlichen Kultur und darüber hinaus
für die Herausbildung einer bürgerlichen Gesellschaft. Diese Tatsache war politischen
Theoretikern des 19. Jahrhunderts noch vollkommen vertraut, wie die jüngste
Forschung erneut hervorhob. Insbesondere die drei Jahrzehnte vor der europäischen
Revolution von 1848/49 waren das „goldene Zeitalter" derartiger Vereine. Sie knüpften
an „die gesellige Utopie eines Zusammenhangs von politischer Tugend und sozialem
Austausch an" (Hoffmann). Die Menschen sollten sich durch gesellige Kommunikation
mit anderen diejenigen Tugenden aneignen, die sie als Bürger eines politischen
Gemeinwesens benötigten. Derartiges Gedankengut war weit verbreitet, untermauert
in staatstheoretischen Schriften politischer Denker wie Alexis von Tocquevil-
le, Carl von Rotteck, Theodor Welcker oder Robert von Mohl. Zugleich leisteten die
Vereine einen wesentlichen Beitrag dazu, dass sich ein neues Bürgertum formieren
konnte, indem sich gleichgesinnte Bürger in einer Vereinigung trafen. Der Argumentation
Tocquevilles zufolge besaß die Geselligkeit in der Demokratie eine herausragende
Bedeutung, weil sie die Bande zwischen den Menschen neu knüpfte, welche die
heraufziehende demokratische Gesellschaft zunächst zerstörte2.

Eine wichtige Rolle spielten die Lesegesellschaften. Derartige Vereinigungen waren
seit dem 17. Jahrhundert, insbesondere seit dem 18. Jahrhundert in immer größerer
Zahl gegründet worden, um einem zahlenmäßig anwachsendem Lesepublikum zu
einem günstigen Preis Lektüre zur Verfügung zu stellen. In den ständeübergreifenden
Lesegesellschaften konnten sich zudem die Vertreter eines neuen, häufig akademisch
gebildeten Bürgertums, beispielsweise herrschaftliche Beamte, Geistliche oder Freiberufliche
, mit dem Adel auf annähernd gleicher Ebene begegnen, was die Emanzipation
des Bürgertums förderte. Die Kehrseite der Medaille war, dass sich die Vereine
der bürgerlichen Oberschicht nach außen elitär abgrenzten. Anstelle der alten Standesgrenzen
wurden Besitz- und Bildungsgrenzen gezogen. Angehörigen der Mittelschichten
, etwa Handwerkern oder Beamten der unteren Rangstufen, war der Zutritt
zu Vereinen der Oberschicht verwehrt, weshalb sie sich ebenfalls vereinsmäßig in

2 Stefan-Ludwig Hoffmann: Geselligkeit und Demokratie. Vereine und zivile Gesellschaft im
transnationalen Vergleich 1750 - 1914. Göttingen 2003 (= Synthesen. Probleme europäischer
Geschichte Bd. 1), hier S. 11-19, 35ff., 102ff. In diesem Band findet sich zugleich ein Überblick
über die neuere Literatur zum Vereinswesen: S.116ff. - Zu den politischen Theorien im 19.
Jahrhundert sowie den genannten Personen und ihren Schriften: Gerhard Göhler/Ansgar
Klein: Politische Theorien des 19. Jahrhunderts. In: Hans-Joachim Lieber (Hg.): Politische
Theorien von der Antike bis zur Gegenwart. Bonn 1993 (2. Aufl.), S. 259 - 656, S.387ff., 435ff.
- Vgl. etwa auch: Friedrich D. E. Schleiermacher: „Versuch einer Theorie des geselligen
Betragens". In: Ders.: Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. H.-J. Birkner: Abt. 1. Bd. 2: Schriften
aus der Berliner Zeit (1796-1799). Berlin 1980, S. 165-184.

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