Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
41(126).2005
Seite: 96
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2005/0108
Peter Wax

Moritz Meyer wurde mehrfach inhaftiert, überstand nach der Pogromnacht des
Jahres 1938 ein halbes Jahr KZ-Haft in Dachau, kam dann wieder auf freien Fuß und
wurde schließlich 1942 in das KZ Mauthausen abtransportiert und dort umgebracht.

Heinrich Dietrich

Landgerichtspräsident war schon seit 1920 Dr. Heinrich Dietrich, geboren 1872 in
Fulda. Eine der ersten Maßnahmen der NS-Machthaber im Jahr 1933 war das
„Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums", das die „Säuberung" des
öffentlichen Dienstes von Juden, „Volksfeinden" und anderen, die dem Regime mißliebig
waren, zum Ziel hatte. Heinrich Dietrich hatte insoweit, wie er in einem Vermerk
festhielt, nichts zu veranlassen, denn im Landgerichtsbezirk Hechingen waren
1933 keine jüdischen Justizangehörigen tätig, eben so keine jüdischen Rechtsanwälte
und Notare. Moritz Meyer befand sich bereits im Ruhestand und Ernst Rosenfeld,
ein jüdischer Richter, war zwar 1933 noch im Dienst, aber nicht mehr in Hechingen;
ich komme später noch auf ihn zu sprechen.

Heinrich Dietrich war ein engagierter Katholik und offenbar ein humorvoller und
umgänglicher Mann. Eigentlich hätte er, zumindest auf den ersten Blick, keinerlei
Anlass gehabt, sich bei den Nationalsozialisten anzubiedern. Aber genau das tat er,
und zwar recht nachdrücklich, in zwei Beiträgen für die „Deutsche Juristen-Zeitung
", die schon kurz nach Beginn der NS-Herrschaft im Jahr 1933 erschienen.

Der erste trägt die Uberschrift „Der nationale Zweck - Versuch zur Lösung einer
zeitgemäßen Frage". Diese Lösung sehe so aus, meinte Dietrich, dass der Richter die
Lebensinteressen der Nation rücksichtslos über das formale Recht stellen müsse. Das
bedeute, „daß der nationale Zweck gewisse Taten, die sich äußerlich als strafbare
Handlungen darstellen, als Mittel zu seiner Erreichung rechtfertigt...." Gerechtfertigt
seien zu diesem Zweck zum Beispiel Körperverletzungen, Freiheitsberaubungen,
Tötungen, Sachbeschädigung, Brandstiftung usw. „ So kann der Richter, der den Mut
hat zur freien Gesetzesauslegung, schon jetzt den rechten Weg...finden. Er wandelt
dabei auch auf altgermanischen Pfaden. Der innere Feind verfiel bei unseren Altvordern
bekanntlich der Acht und wurde ehrlos, rechtlos und friedlos, vogelfrei, jeder
Volksgenosse konnte ihn offen erschlagen, sofern er sich nicht gerade auf geweihter
Stätte befand [Hervorhebung im Original]..." So weit der gläubige Katholik Heinrich
Dietrich. Er rechtfertigte damit vorweg, was gängige Praxis des NS-Staates werden
sollte.

In einem weiteren Artikel für die „Deutsche Juristen-Zeitung" wendet sich Dietrich
unter dem Titel „Der Beruf der Frau zur Rechtsprechung" gegen die Tätigkeit
von Frauen in der Justiz. Zitat: „Die Hereinnahme der Frauen in die Gerichtsbarkeit
bedeutete ein schweres Unrecht gegen den Mann wie gegen die Frau selbst. Das
Unrecht wider den Mann gipfelt in dem Einbruch in den altgeheiligten Grundsatz
der Männlichkeit des Staates .... Arger aber war der Nachteil für die Frauen. Von jeher
waren sie die Hüterinnen der Sitte in Kinderstube, Familie, Haus und Gesellschaft...
Die Natur hat den Mann bei den Eigenschaften des Verstandes und Willens bevorzugt
, das Weib dagegen mit der ganzen Blütenpracht eines reichen und wunderbaren
Gefühlslebens überschüttet." Und in diesem Ton geht es seitenlang weiter. Übrigens

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