Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
41(126).2005
Seite: 202
(PDF, 38 MB)
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Neues Schrifttum

tutionell verfestigte Hofgericht gewährleisteten den administrativen wie kirchlichen
Zugriff auch auf die ritterschaftlichen Untertanen und manövrierten, nicht zuletzt
dank der Unterstützung durch die Jesuiten und die eigene Familie, Adel wie Städte in
die Defensive. Konfliktfrei verlief die Neustruktuierung des regionalen Machtfeldes
freilich nicht, und auch mancherlei Kompromisse waren von Nöten. So taktierte der
Fürstenberger gegenüber dem Domkapitel, das sich als Herrschaftsträger neben dem
Fürstbischof in einer machtpolitisch günstigen Position befand, „zwischen Konfrontation
und Schulterschluß" (S.352), während er gegenüber dem Adel die juristischen
Vorteile des Landesherrn nutzte, um diesen in seine Schranken zu weisen. Den Städten
, den genossenschaftlich verfassten schwächsten Teilhabern an der Herrschaft im
feudal geprägten Staat, gegenüber rekurrierte der Fürstenberger hingegen auf militärische
Gewalt, um sie unter seine Botmäßigkeit zu zwingen. Vor allem die Landeshauptstadt
Paderborn, die sich auf dem Weg zu einer protestantisch dominierten Ratsoligarchie
befand, sollte dies leidvoll erfahren - 1604 erzwang Dietrich von Fürstenberg
ihre Kapitulation, um anschließend ein unter bischöflicher Kontrolle stehendes
katholisches Ratsregiment zu installieren. „Gegenreformation" wird hier, bei allen zu
konstatierenden Einschränkungen, als Herrschaftsanspruch plastisch erfahrbar - als
Anspruch des Landesherrn, die Autonomie der lokalen Welten aufzubrechen und
widerstrebende Partikulargewalten seiner Herrschaft zu unterwerfen.

Die letzte der vorzustellenden Arbeiten, Gerrit Walthers Habilitationsschrift über
die konfessionellen Auseinandersetzungen in der Fürstabtei Fulda unter Abt Balthasar
von Dernbach (regierend von 1570-1576 und 1602-1606), darf füglich als Glanzlicht
deutscher Geschichtsschreibung bezeichnet werden. Die Fülle der Ergebnisse
dieser glänzend geschriebenen, methodisch überzeugenden Studie über einen reichsweite
Resonanz evozierenden regionalen Konfessionskonflikt im Rahmen einer
Rezension auch nur einigermaßen würdigen zu wollen, dürfte schlechterdings
unmöglich sein. Denn Walther bietet weitaus mehr als die Beschreibung eines Konflikts
, der mit der Berufung der Jesuiten als Erneuerer der traditionsreichen Fuldaer
Schule durch den (aufgrund seiner Verdienste als Dekan gewählten Abtes) Balthasar
von Dernbach begann, mit den intensivierten Reformbemühungen des Abtes und
seiner Anhängerschaft an Brisanz gewann und schließlich das fragile Mächtegleichgewicht
zwischen Fürstabt, Domkapitel, Adel und Rat des Residenzstadt in Frage
stellte. Den Triumph seiner Widersacher, die in der Hammelburger Handlung 1576
den für alle Beteiligten offenkundig unerwarteten Verzicht des Abtes auf seine Würde
erreichten, konterkarierte der scheinbar Unterlegene durch Rekurs auf die Reichsjustiz
, die nach mehreren Jahrzehnten in einer konfessionspolitisch hochprekären
Konstellation 1602 zu seinen Gunsten entschied, die Restitution des Abtes verfügte -
und auch durchsetzte.

Aber nicht die Ereignisse, so dramatisch sie waren und auch schon von den Zeitgenossen
so empfunden wurden, stehen im Zentrum der Darstellung, sondern die
divergierenden religiösen und politischen Mentalitäten, die Abt Balthasar und seine
Widersacher schieden. In Walthers überzeugender Interpretation motivierte den
Fuldaer Fürstabt in den Auseinandersetzungen eine Mission, also mehr als bloß
zweckrationales Handeln zur Steigerung der fürstbischöflichen Macht. Der entsprechend
zeitgenössischen adeligen Standards wenig gebildete adelige Abt war vielmehr

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