Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
43(128).2007
Seite: 262
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2007/0274
Franz-Josef Ziwes

Zunächst wurde - ausdrücklich als Provisorium - im Herbst 1953 das „Bundesergänzungsgesetz
zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung
" auf den Weg gebracht. Trotz der uneinheitlichen und teilweise sogar fehlenden
gesetzlichen Regelungen in den Bundesländern hatten die Bundesregierung und vor
allem das Bundesfinanzministerium bis dahin die Linie verfolgt, „ von einer die Wiedergutmachungsgesetze
der Länder abändernden oder sie erübrigenden Bundesgesetzgebung
abzusehen"3. Die Bereinigung des Provisoriums besorgte das am 29. Juni
1956 veröffentlichte „Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen
Verfolgung", das rückwirkend zum 1. Oktober 1953 in Kraft trat und
wesentliche Mängel des Bundesergänzungsgesetzes beseitigte. Zugleich wurden die
bisher immer noch bedingt geltenden Landesentschädigungsgesetze aufgehoben. Die
Erweiterung der Entschädigungstatbestände, die Ausdehnung des Territorialitätsprinzips
vom Gebiet der Bundesrepublik auf die Grenzen des Deutschen Reiches von
1937 sowie Änderungen im Verfahrensrecht brachten eine deutliche Verbesserung.
Nach wie vor aber blieben zahlreiche Opfergruppen wie Sinti und Roma, Euthanasieopfer
, Zwangssterilisierte, so genannte „Asoziale", Homosexuelle oder Zwangsarbeiter
außen vor. Auf der Basis des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes von 1957 sollte
wenigstens ein Teil dieser Opfergruppen, die nach wie vor nicht als NS-Verfolgte im
Sinne des Entschädigungsgesetzes anerkannt wurden, einmalige finanzielle Leistungen
, also eine Entschädigung „zweiter Klasse" erhalten können.

Eine Aufnahme dieser Gruppen in den Kreis der Entschädigungsberechtigten hätte
den in der Gesetzgebung beteiligten Akteuren eine radikale Kehrtwendung abverlangt
, doch fehlten dazu die politischen Voraussetzungen und der politische Wille. So
fanden diese Opfer schließlich auch im Bundesentschädigungs-Schlussgesetz von
1965, das zur „Wiederherstellung der nationalen Ehre" einen „würdigen Schlussstrich
" unter die Wiedergutmachung ziehen sollte, keine Berücksichtigung4. Erst verschiedene
Härtefallregelungen in den 1980er Jahren sorgten wenigstens teilweise für
einen Ausgleich. Die Zwangsarbeiter mussten sich sogar bis zum Sommer 2000
gedulden, bis das „Gesetz zur Errichtung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung
und Zukunft" unter Dach und Fach war und ihnen eine Entschädigung ermöglichte.
Bis heute ungeregelt ist die Wiedergutmachung für Homosexuelle.

Doch kehren wir zurück nach Württemberg-Hohenzollern. Mit 1,1 Millionen
Einwohnern war dieses das bevölkerungsärmste der in der französischen Besatzungszone
gebildeten deutschen Länder. Weil die Amerikaner auf einer vollständigen
Kontrolle der Autobahn Karlsruhe-Stuttgart-Ulm beharrten, hatten sie ihrem französischen
Juniorpartner nur die südlich davon gelegenen badischen und württembergischen
Landkreise für dessen Zonenbildung zugestanden. Das überwiegend ländlich
geprägte neue Staatsgebilde im südlichen Württemberg war also nicht nur dünn
besiedelt, sondern krankte auch an einer schwach ausgeprägten Infrastruktur. Die
wenigen industriellen Zentren waren kriegszerstört. Was heil geblieben war, drohte
durch die Demontageforderungen der Franzosen verloren zu gehen. Und selbst die

3 So der Wortlaut eines Kabinettsbeschlusses vom 30. Januar 1951 bei Goschler (wie Anm. 2)
S. 183.

4 Goschler (wie Anm. 2) S. 279-284.
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