Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 94
(PDF, 59 MB)
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Edwin Ernst Weber

9. Der Erste Weltkrieg

Zur großen Bewährungsprobe wird für Regierungspräsident Graf Brühl der Erste Weltkrieg seit
1914. Bei seinen diversen Neben- und Ehrenämtern61 - neben der Leitung der Zentralstelle für
Landwirtschaft und Gewerbe überdies der Vorsitz des Verwaltungsrats des Königlichen Gymnasiums
in Sigmaringen und der Vorsitz der Provinzialkommission der König Wilhelm-Stiftung
für erwachsene Bürgertöchter - gewinnen jetzt seine Funktionen als Territorialdelegierter der
freiwilligen Krankenpflege für die Hohenzollernschen Lande sowie als Vorsitzender des Pro-
vinzialvereins vom Roten Kreuz für Hohenzollern eine wachsende und ihren Inhaber stark beanspruchende
Bedeutung. Brühl obliegt dabei die organisatorische Leitung bei der Betreuung
von durchfahrenden Truppen- und Lazaretttransporten, bei der Einrichtung und Unterhaltung
von Kriegslazaretten in Hohenzollern, bei der Beschaffung von Gaben und Spenden an die
Frontsoldaten sowie die Kriegsgefangenen im Feindesland.62 Wie Brühl in seinen Lebenserinnerungen
mit bemerkenswert kritischem Unterton beteuert, war es ihm in seinen behördlichen
und ehrenamtlichen Funktionen ein zentrales Anliegen, die Kriegslasten, wie sie von
Berlin aus vielfach in Unkenntnis der örtlichen Verhältnisse ausgeschrieben wurden, gleichmäßig
zu verteilen und Härten zu vermeiden. Zumal die Zwangsernährung sei in Hohenzollern
wie überall in Deutschland auf ernste Schwierigkeiten gestoßen - nicht zuletzt deshalb, weil
es bei den Behörden in Berlin (...) an genauer Kenntniß der Leistungsfähigkeit der einzelnen
Landesteile (fehlte).63

Die periodischen „Zeitungsberichte" Brühls an seinen königlichen Dienstherrn vermitteln nicht
nur ein anschauliches Bild von den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnissen in
Hohenzollern während des Ersten Weltkriegs, sondern verraten auch manches über die persönliche
Haltung des Regierungspräsidenten. Im Januar 1917 blendet Brühl nahezu nostalgisch
in die Anfänge des großen Krieges 1914 zurück, als auch in Hohenzollern das
Aufflammen der Vaterlandsliebe groß gewesen sei und bis auf die Reihen der Sozialdemokraten
und Berufsnörgler im Lande allgemein die Überzeugung von der Notwendigkeit und Gerechtigkeit
des Abwehrkrieges geherrscht habe.64 Der Stillstand in den Schützengräben habe
seit dem Winter 1915 diese anfängliche Begeisterung bei einigen Schwachmütigen wie Strohfeuerverglimmen
und Verzagtheit auf kommen lassen. Süddeutschland, das viel länger als der
Norden von eigentlichem Kriegselend verschont worden sei, ist ohnehin etwas weicher und
weniger zäh wie Norddeutschland. Zudem werde laut Brühl dem schwäbischen Volksstamm
(...) ein besonderer Hang zur Schwarzseherei nachgesagt. Eine besondere gedrückte Stimmung
herrschte den Beobachtungen des Regierungspräsidenten zufolge im Juli und August
1916 durch die schlechte, die Ernte gefährdende Witterung sowie die üblen Nachrichten vom
Abfall Rumäniens von den Mittelmächten. Während bis dahin Rumänien und das kraftvolle
Wirken des Sigmaringer Fürstensohnes und rumänischen Königs Karl den Stolz des Landes
auf sein angestammtes Fürstenhaus gestärkt und gemehrt hätten, seien jetzt die Bewohner Ho-
henzollerns von der badischen Nachbarbevölkerung als Reichsverräter gehänselt worden. In gewissen
Volksschichten habe man gar den Ärger über den - aus dem Hause Hohenzollern
stammenden - König Ferdinand von Rumänien auf seine nächsten Verwandten im Lande,
sprich das Sigmaringer Fürstenhaus übertragen. Bei aller Not und Bedrängnissen begreift Brühl

61 Einen Überblick gibt die Personalakte Berlin (wie Anm. 9).

62 HVZv. v. 4. 8. 1919 (wie Anm. 1).

63 Brühl, Meine Tätigkeit in Hohenzollern (wie Anm. 19).

64 Zeitungsbericht der Regierung in Sigmaringen v. 30. 1. 1917 (wie Anm. 56).

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