Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 95
(PDF, 59 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0099
Der Sigmaringer Regierungspräsident Franz Graf von Brühl (1852 - 1928)

den Krieg auch als positiven Lehrmeister für die Bevölkerung, die jetzt auch in Süddeutschland
gelernt habe, mit Wenigem an Nahrungs- und Genussmitteln auszukommen. Das Glück des
Tages werde nunmehr auch in Hohenzollern nicht mehr von der Dauer der im Wirtshaus verbrachten
Zeit abhängig gemacht.65

Mit besonderer Aufmerksamkeit beobachtet der Regierungspräsident die Haltung der hohen-
zollerischen Zentrumspartei und ihrer Wortführer zur kaiserlichen Kriegspolitik und zumal zu
den Friedensinitiativen des Reichstags seit 1917. Vor dem Hintergrund der deutschen Westoffensive
erkennt Brühl Ende April 1918 hoffnungsvoll manche Anzeichen dafür, dass sich
viele Kräfte innerhalb des Zentrums von Mathias Erzberger, dem Wortführer der Annäherung
des politischen Katholizismus an Sozialdemokratie und Liberale im Reichstag und einer dezi-
dierten Friedenspolitik, etwas abwendeten.66 Sogar der Reichstagsabgeordnete Emil Beizer,
den 1917 viele unter die Schwarzseher und Flaumacher bezüglich eines für Deutschland positiven
Kriegsausgangs gerechnet hätten und der wohl zu den wärmsten Befürwortern der
Friedens-Resolution des Reichstags vom 19. Juli 1917 gehört habe, habe letzthin im hohen-
zollerischen Kommunallandtag eine hoffnungsfreudige und warme Ansprache im Sinne der
kaiserlichen Kriegspolitik gehalten. Verschiedene Geistliche hätten sich Brühl gegenüber - allerdings
nur mündlich und unter vier Augen - in einem für Erzberger wenig schmeichelhaften
Sinn geäußert.

10. Entwicklung geht über Repräsentanten des alten Systems hinweg

Alle Hoffnungen auf einen deutschen Kriegserfolg sind indessen bekanntlich vergebens, und
im Spätherbst 1918 macht sich im Gefolge der Kriegsniederlage und des Sturzes der Monarchie
in Deutschland die politische Umwälzung auch im ländlich-abgelegenen Hohenzollern
bemerkbar. Zum Forum der Überlegungen und Debatten zur staatlichen Zukunft und Zugehörigkeit
Hohenzollerns wie auch zur künftigen Stellung des Fürstenhauses wird der Kommunallandtag
mit dem Sigmaringer Amtsrichter und Reichstagsabgeordneten Dr. Emil Beizer
als einflussreichster Persönlichkeit. An den Diskussionen über ein Ausscheiden Hohenzollerns
aus Preußen nach dem Ende der dynastischen Sonderbeziehung und einen Anschluss an ein
im deutschen Südwesten zu bildendes Großschwaben hat Regierungspräsident Franz Graf von
Brühl ebenso wenig Anteil wie an der Initiative hohenzollerischer Politiker aus Zentrum und
Fortschrittspartei vom November 1918 für einen Verzicht des Fürsten auf diverse Privilegien und
die Aufhebung aller Fideikommisse im „Ländchen" oder auch an der erneuten Debatte über
die Domänenfrage und die Rechtmäßigkeit des Abtretungsvertrages von 1849.67

Die politische Entwicklung geht mit dem Untergang des monarchischen Obrigkeitsstaates und
dem Übergang in eine demokratische Republik unübersehbar über den obersten staatlichen
Repräsentanten des alten Regimes hinweg. Bei der Eröffnung der ersten Sitzung des Kommunallandtags
nach Kriegsende und Revolution, am 18. November 1918, ist der frühere königliche
Kommissar des Landtages zwar noch zugegen und mahnt in einer kurzen Erklärung
zur Achtung von Recht und Gesetz, Treue und Zuverlässigkeit. Brühl kündigt indessen zugleich

65 Ebenda.

66 Zeitungsbericht der Regierung in Sigmaringen v. 27. 4. 1918 (ebenda).

57 Zu den Revolutionsereignissen und den politischen Entwicklungen 1918/19 in Hohenzollern vgl. Kallenberg
(wie Anm. 3) S. 181 - 186; Karl Sauerland: Die Verwaltung in den Hohenzollerischen Landen
in der Nachkriegszeit. Masch.-sehr. 1930.

95


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0099