Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 108
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0112
Rolf Vogt

klasse präsentieren. Brandhuber übernahm als Präses den Vorsitz des katholischen Arbeitervereins16
.

Zufällig scheint dieser Wandel in der Stadtgemeinde nicht zu sein. Hechingen war damals
Boom-Town. Das Jahrzehnt des hohenzollerischen Bahnbaus hatte begonnen. 1899 entstand
die Hohenzollernsche Kleinbahngesellschaft, 1901 wurde Hechingen mit der Fertigstellung
der Killertalbahn nach Burladingen Eisenbahnknotenpunkt und 1912 das Landesbahn-Netz
mit dem letzten Teilstück nach Stetten bei Haigerloch geschlossen17. Auf dem Staatsbahnhof
nahm die Zahl der täglichen Züge von acht im Jahre 1880 auf 20 im Jahr 1908 zu. In diesem
Jahr stiegen 326.470 Fahrgäste auf dem Bahnhof ein oder aus, und im Güterbahnhof wurden
47.246 Tonnen Handelsware umgeschlagen. Die Zahl der Reisenden war seit 1880 auf das
Fünffache und das Gewicht der Güter auf mehr als das Vierfache gestiegen. Rasant war der
Aufschwung besonders seit der Jahrhundertwende18. 1908 war der Publikumsverkehr auf dem
Hechinger Bahnhof so groß geworden, dass die Königlich Württembergische Staatseisenbahn
den Zugang zu den Gleisen sperrte und die Bahnsteigsperre einführte19 - eine Einrichtung, die
bei der Bahn bis weit in die Bundesrepublik hinein Bestand hatte.

Die Industrie zog Arbeiter und Angestellte in die Stadt, der demographische Wandel ist einzigartig
. Die Einwohnerzahl Hechingens schnellte von 1900 bis 1910 sprunghaft von knapp
4000 auf gut 5100, ein Wachstum von mehr als 25 Prozent20. Die Lichtnau wurde Baugebiet,
die Diskussion um die Eingemeindung von Stetten kam auf. Neue Menschen, neue Ideen.
Dem Gaswerk an der Bahnhofstraße, nur durch die Gleise von St. Luzen getrennt, brachte der
Aufschwung einen neuen Besitzer. Er ging in kommunales Eigentum über. Die Stadt erwarb
im Oktober 1904 das bislang von Julius Bilfinger privat geführte Unternehmen. Seine Konzession
lief aus, die Stadt griff zu - ein Kauf, der auffällt hundert Jahre später in einer Zeit, in
der die öffentliche Hand sich Schritt für Schritt aus beständig neuen Bereichen zurückzieht, die
bis dahin unumstritten zu ihren Aufgaben gezählt wurden. Das Gaswerk produzierte damals
- anders als heute - selbst. Kohle wurde verkokt und ergab dabei Gas, Koks und Teer. Das Gas
verbrannte hell und setzte Maßstäbe in der Lichttechnik. Die Stadt war Großabnehmer, auf
ihren Hauptstraßen leuchteten seit Jahren Gaslaternen Nachtbummlern den Heimweg. Firmenkunden
waren interessierte Geschäftspartner, das Geschäft lukrativ. 1905 lieferte die Stadt
224 Abnehmern 170.000 Kubikmeter Gas, in den sieben Jahren danach stieg der Absatz auf
mehr als das Doppelte: 480 Abnehmer und 120 Straßenlaternen verbrauchten 350.000 Kubikmeter
Gas. Auch die Abfallstoffe Koks und Teer fanden bei Kohlehändlern gute Abneh-

16 Z Nr. 144/27.06.1907, 145/28.06.1907, 146/01.07.1910. Vgl. Z Nr. 208/10.09.1932. Chronik 1980
(wie Anm. 2) S. 336. Zu August Vezin vgl. Walter Sauter: Der Lehrkörper im geistigen und bürgerlichen
Leben. In: 50 Jahre Staatliches Gymnasium Hechingen. Hechingen o. J. [1959]. S. 53-62, hier
S. 54-56. Hartmut Rau: In Memoriam. In: 75 Jahre Gymnasium Hechingen. Hechingen 1984. S. 151-
173, hierS. 171, 173.

17 Zur Geschichte der Hohenzollerischen Landesbahn vgl. Günter Zeiger: 100 Jahre HzL. Geschichte der
Hohenzollerischen Landesbahn AG 1899-1999. Hechingen 1999. Hohenzollerische Landesbahn AG.
Von der Gründungszeit bis heute. Hechingen 1987. S. 32.

18 Hz. Bl. Nr. 10/14.01.1910. Vgl. Nr. 8/12.01.1910

19 Hz. Bl. Nr. 115/21.05.1908, 275/02.12.1908. Die Bahnsteigsperre wurde auf anderen Bahnhöfen zwischen
Tübingen und Ebingen ebenfalls eingeführt.

20 Nach den Volkszählungsergebnissen - jeweils im Dezember - stieg die Zahl der Hechinger von 3759
im Jahr 1895 auf 3966 oder 3968 in 1900, auf 4425/4427 in 1905 und 5117 in 1910, vgl. Von 3301
auf 5684. 70 Jahre Volkszählung in Hechingen. In: Hz. Bl. Nr. 297/18.12.1941. Chronik 1980 (wie
Anm. 2) S. 318, 324, 330, 340.

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