Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 117
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0121
Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

Um die Not zu meistern, hatte Wilhelm Klaiber sein eigenes System gefunden. Jetzt stand es
auf dem Prüfstand. Einen Durchblick zu gewinnen, fiel im Sommer 1907 aber schwer. Vorerst
erstreckte sich die Prüfung auf das Rechnungsjahr 1904/05. Die Eintreibung ausstehender Forderungen
war besonders wichtig. Schon am 26. Juni 1907 forderte Bürgermeister Konrad
Mayer mit Bekanntmachung in den Hechinger Zeitungen dazu auf, rückständige Steuern und
Zahlungsverbindlichkeiten sofort an die Stadtkasse zu entrichten52. Er appellierte an das Ehrgefühl
der Schuldner. Der Aufruf hatte keine große Resonanz. Jeder hatte seine eigene Ausrede
.

Der Gemeinderat wählte Hermann Bumüller am 11. Juli, als sich sein Zeitvertrag dem Ende zuneigte
, offiziell zum Stadtrechner53. Er wurde zum 1. August eingestellt und musste - wie sein
Vorgänger - eine Kaution hinterlegen. 5000 Mark. Wer damals Stadtrechner werden wollte,
musste Sicherheiten bieten. Wilhelm Zoll gab das Tagesgeschäft wieder ab.
Die rückständigen Rechnungen zu bearbeiten, übernahm der Kassenassistent August Klotz,
dessen Arbeitgeber, die Spar- und Leihkasse, vermutlich auf Fürsprache von Reinhard Strobel,
einen sechswöchigen Sonderurlaub bewilligte. Am 26. August war er vorüber. Konrad Mayers
Hoffnung, Klotz einen weiteren Monat zu engagieren, zerschlug sich. Auf Wunsch des Hechinger
Bürgermeisters bat der Regierungspräsident die Direktion der Spar- und Leihkasse zwar
ganz offiziell um den zweiten Sonderurlaub, doch der Kassenassistent wollte anscheinend
nicht mehr. Er legte ein ärztliches Attest vor, in dem es hieß, er könne die Arbeit wegen seinesgegenwärtigen
Gesundheitszustandes nicht weiter übernehmen. Festgestellt hatte er bisher
Einnahme-Reste von 6804,28 Mark aus dem Haushaltsjahr 1904/05 und die Arbeit an der
Rechnung 1905/06 noch nicht einmal begonnen54.

Drei Monate nach dem ersten Alarm waren Konrad Mayer und Wilhelm Zoll nicht weit gekommen
, jetzt ging es gar nicht mehr voran. Der Skandal hatte ein Ausmaß gewonnen, das
die Rathausspitze dazu zwang, die Stadtverordneten ins Vertrauen zu ziehen. Am 5. September
1907 erstattete ihnen der Beigeordnete Wilhelm Zoll erstmals Bericht. Wer soll die Arbeit
machen, war die Frage, die beantwortet werden musste. Man einigte sich auf einen bequemen
Weg. Beschlossen wurde, beim Regierungspräsidenten eine Untersuchung über die Rechnungsführung
zu beantragen. Die Kasse sei in einem solchen verworrenen und ungeordnetem
Zustande [...], daß eine alsbaldige Klärung schon wegen der ordnungsmäßigen Fortführung der
laufenden Kassengeschäfte dringend geboten erscheint, heißt es in dem Beschluss55. Wilhelm
Zoll brachte den Antrag am Tag danach auf den Weg.

Sigmaringen war aber nicht bereit, den Karren zu ziehen. Die Aufsichtsbehörde lehnte die Untersuchung
über die Rechnungsführung aus den Jahren 1904 bis 1907 ab. Ihm stehe kein Beamter
zur Beurlaubung dorthin zur Verfügung, antwortete der Regierungspräsident schon am
7. September. Er forderte trotzdem die schnelle Aufarbeitung der Rückstände. Wenn die dortigen
Arbeitskräfte auf länger in stärkerem Maße herangezogen werden müssen, so läßt sich
dies in vorliegendem Falle nicht vermeiden, schrieb er nach Hechingen56.

52 Hz. Bl. Nr. 143/26.06.1907. Gleichlautend in Nr. 145/18.06.1907, 146/01.07.1907. Auch Z Nr.
145/28.06.1907, 147/02.07.1907.

53 StadtAH, Bände A 34, Beschlüsse des Gemeinderats, 11.07.1907. Vgl. Hz. Bl. Nr. 157/13.07.1907.

54 StAS, Ho 235 T 7-8 Nr. 728, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber in Hechingen. Zu
August Klotz vgl. Adress- und Geschäfts-Handbuch für die Hohenzollern'schen Lande 1914, München
1914, S. 60, 76, 109.

55 StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 05.09.1907.

56 StAS, Ho 235 T 7-8 Nr. 728, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber in Hechingen.

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