Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 119
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0123
Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

Der Herbst verging, und es wurde Winter. Ein halbes Jahr nach Klaibers Tod hatte Hermann Bu-
müller sein Werk getan. Die von der Regierungskommission beanstandete Rechnung 1904/05
war komplett durchgerechnet. Konrad Mayer bat am 29. November 1907 das Regierungspräsidium
um Unterstützung bei der Nachprüfung, empfohlen wurde ihm Regierungssekretär
Dünschel. Beide Seiten handelten die Vergütung aus, die Stadtverordneten stimmten am 5. Dezember
zu, zwei Tage danach lagen die Unterlagen aus Hechingen in Sigmaringen vor. Der Gemeinderat
schob am 17. Dezember noch den Wunsch nach, Einzugsregister und Hebelisten
nicht noch einmal genau nachzurechnen, sondern höchstens stichprobenartig zu kontrollieren60
. Der Sigmaringer Regierungssekretär machte sich über Weihnachten an die Arbeit. Er
legte seinen Prüfbericht für die Gemeinderechnung 1904/05 am 8. Januar 1908 Regierungsrat
Carl Sauerland auf den Tisch61.

Der Regierungsrat ärgerte sich jetzt richtig. Weniger über das Geld, das fehlte, aber umso
mehr über die Verstöße gegen die Regeln der Kassenführung. Die Stadtkasse hatte zwar ihr
Journal, aber der Bürgermeister nicht das Gegenbuch. Weder Gemeinderat noch Stadtverordnete
, nicht einmal die Prüfungskommission, hatten sich die Jahresrechnungen selbst angesehen
, alle vertrauten dem auch nur vorläufigen Bericht von Reinhard Strobel. Das waren in
den Augen des Regierungsrats gravierende Verstöße gegen die Dienstaufsichtspflicht. Carl
Sauerland hatte sein Urteil gefällt. Ungesetzlich nannte er das Vorgehen der Gemeindekollegien
in Hechingen. Am 7. Dezember, als ihm die Unterlagen aus Hechingen ganz frisch auf
dem Tisch lagen, hielt Sauerland seine Eindrücke in einem Memorandum fest. Er fand die Geschäftsführung
im Gaswerk unhaltbar, bemängelte die rückständige Führung des Journals und
wünschte, daß der Bürgermeister [...] eingehend über den Zweck der Gegenliste aufgeklärt
wird. Sauerland meinte, es sei durchaus unzulässig [...], daß der Rechner die Gegenliste in
Händen hat, noch viel weniger aber ist es erlaubt, daß der Rechner die Gegenliste selbst führt.
Von Kassenprüfer Reinhard Strobel wollte er wissen, wie die Rechnung 1903/04 geprüft und
festgestellt worden sei. Wann alles begonnen hatte, fragte sich der Regierungsrat62.
Er suchte Unterstützung. Sauerland schickte am 13. Dezember Dr. Karl Schoenfeld, den Königlichen
Oberamtmann in Hechingen, an die Front. Es bleibt nichts weiterübrig, als nunmehr
energisch an ein Ordnen der Verhältnisse heranzugehen, seufzte er. Schoenfeld erhielt die Anweisung
, Gemeinderat und Stadtverordnete zu einer neuen Krisensitzung zusammen zu trommeln
. Die Stadtverordneten mussten gleich nach Weihnachten anrücken. Der Oberamtmann
trug ihnen am 27. Dezember das Memorandum Sauerlands mit dem minutiösen Katalog von
Pflichtverstößen vor und erklärte auftragsgemäß auch noch einmal, weshalb bei den ausserordentlichen
Kassenrevisionen nicht entdeckt wurde, dass die Rechnung für 1904 noch nicht
ordnungsmässig abgeschlossen sei. Dass die Gemeindekollegien die Rechnungen nicht geprüft
und der Bürgermeister den Feststellungsbeschluss nur zum Schein hatte fassen lassen [...]
konnte natürlich nicht im Entferntesten vermutet werden, hatte ihm Sauerland entrüstet geschrieben
.

60 StAS, Ho 235 T 7-8 Nr. 728, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber in Hechingen.

StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 05.12.1907. StadtAH, Bände A

34, Beschlüsse des Gemeinderats, 17.12.1907.
51 StadtAH, Bände, Rechnungen, Stadtgemeinde Hechingen, Hand-Buch für 1. April 1904/05, inliegend:

Prüfbericht Dünschel Regierungs-Sekretär Sigmaringen 08.01.1908, 54 S.
62 StAS, Ho 235 T 7-8 Nr. 728, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber in Hechingen.

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