Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 127
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0131
Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

Sein Mandat in der Oberamtsversammlung legte Konrad Mayer erst im Mai 1908 nieder. Zu
seinem Nachfolgerwählten Stadträte und Stadtverordnete am 2. Juni Landgerichtsrat Wilhelm
Keßler84 - auch ein Mann, der dem liberalen Lager nahe stand. Zweiter Hechinger Vertreter in
der Oberamtsversammlung war damals bereits Friedrich Wallishauser.

6. Der Denunziationsprozess

Das offizielle Hechingen versuchte den Skandal im Rathaus anfangs unter der Decke zu halten
. Der Gemeinderat besprach die Probleme wohl, aber selbst die Stadtverordneten wurden
erst spät eingeschaltet. In den Hechinger Zeitungen finden sich kaum Hinweise auf die Missstände
. Nicht einmal der Rücktritt von Konrad Mayer im März 1908 wurde mit den Turbulenzen
in der Stadtkasse in Verbindung gebracht. Trotzdem ließ sich die Sache nicht geheim
halten. Spätestens im Sommer 1907 machte der Skandal die Runde in der Stadt. Die Hohen-
zollerischen Blätter jedenfalls ließen ihre Leser am 20. Juli wissen, daß die zurzeit herumgebotenen
Gerüchte über Fehlbeträge in der Stadtkasse aus der Luft gegriffen sind. Sie seien
böswillig oder voller Unkenntnis. Die außerordentliche Kassenprüfung im Juni habe gar keinen
Abmangel ergeben, schrieb Friedrich Wallishauser. Er berief sich darauf, von zuständiger Seite
[...]zu der Erklärung ermächtigt zu sein, und kündigte eine amtliche Erklärung nach Abschluss
der Arbeiten an85. Niemand anders als Konrad Mayer kann diese Meldung lanciert haben. Er
log Wallishauser genauso an, wie er zwei Tage zuvor den Regierungspräsidenten zu beschwichtigen
versucht hatte.

Als die Stadt im September 1907 von der Ortspolizei einen Schwung von Mahnungen zustellen
ließ, fühlte sich ein Schuldner zu Protest aufgerufen. Er monierte in seinem Leserbrief in den
Hohenzollerischen Blättern vor allem, dass die Mahnung nicht verschlossen, sondern auf einem
offenen Zettel seinem Dienstmädchen ausgehändigt worden sei. Man ist hier nun allgemein
gespannt, was der Abschluß der Jahre 1905/06 und 1906/07 bringen wird, der auch noch
'rückständig' sein soll, setzte der anonym gebliebene Bürger und Steuerzahler vielsagend
hinzu86

Zum Politikum wurde ein abendlicher Streit im Gasthaus
Lamm auf dem Marktplatz. Dort führten zu einem nicht genannten
Zeitpunkt zwei Männer nach Mitternacht unter sich
ein Gespräch [...], welches sich um die Zustände bei der hiesigen
Stadtkasse drehte. Im Nebenzimmer hörte Friedrich
Wallishauser mit, der neue Abgeordnete im Kommunallandtag
. Wahrscheinlich griff er in das Gespräch ein, zu dritt giftete
man sich an, gemeine Schimpfwörter fielen. Wallishauser
musste sich anhören, er sei zu feige und zu charakterlos [...],
die schlimmen Verhältnisse der Hechinger Stadtkasse in der
Presse aufzudecken. Mehr noch: Er verteile Lob und Tadel in
seiner Zeitung je nach Abhängigkeit von der 'Roten Sippe auf
dem Rathause' oder [...] von der Regierung in Sigmaringen.
So hat Wallishauser den Streit später beschrieben. Friedrich Wallishauser.

Foto: Daiker/Hz. Landesmuseum

84 Hz. Bl. Nr. 118/25.05.1908, 129/09.06.1908.

85 Hz. Bl. Nr. 163/20.07.1907.

86 Hz. Bl. Nr. 212/18.09.1907. Der Leserbrief ist auch im Regierungspräsidium registriert worden, s. StAS,
Ho 235 T 7-8 Nr. 728, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber in Hechingen.

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