Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 139
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0143
Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

Ein ernsthafter Konflikt belastete den Beginn von Häußlers Dienstzeit in Hechingen: der Zorn
Carl Sauerlands auf Stadtrechner Hermann Bumüller. Nach dem Ärger über Dünschels Handbuch
-Kontrolle beim Besuch Ende Mai hatte Sauerland klar Schiff machen wollen. Am 16. Juni
ordnete er an, daß sämtliche Bücher zum 7. Juli unbedingt [...] in Ordnung und die Gemeindesteuern
beigetrieben sein müssten. Vielleicht wollte Sauerland mit dieser Frist Anton Häuß-
ler den Start erleichtern. Aber daraus wurde nichts, auch wenn Hermann Bumüller am 28.
Juni wunschgemäß meldete, die Übertragungen in das Handbuch auf dem laufenden zu
haben. Carl Sauerland war aber argwöhnisch geworden. Er fragte am 8. Juli nach, ob auch alle
Einzugsregister und Hebelisten des Rechnungsjahres in Ordnung seien. Bumüller antwortete
am 13. Juli, die Hebeliste für die Gemeindesteuern sei erst zur Hälfte fertiggestellt. Oberamtmann
Karl Schoenfeld kommentierte den Bericht per Randnotiz - wie ein Vierteljahr davor die
Stellungnahme Mayers. Die Stadt habe bisher keine Gemeindesteuern eingezogen, was auch
den Amtsverband treffe, dem die Kreissteuern und damit die Mittel zur Ablieferung der Lan-
deskommunalabgabe fehlten, schrieb Schoenfeld. Carl Sauerland war elektrisiert. Bis zum 1.
August müssten die Gemeindesteuerliste fertig und die Steuerzettel zugestellt sein, forderte
er ultimativ am 18. Juli. Die Kassenführung in Hechingen müsse nun endlich einmal einwandfrei
in Ordnung kommen, schimpfte er.

Sauerland hatte Bumüller jetzt direkt im Visier. Seine endgültige Anstellung nach Ablauf der
Probezeit Ende Juli solle davon abhängig gemacht werden, ob er die Bücher für das laufende
Rechnungsjahr ordnungsmäßig angelegt und den Beweis erbracht habe, für das Amt befähigt
zu sein, schrieb er dem neuen Hechinger Bürgermeister Anton Häußler. Bumüller nahm am 27.
Juli zum zweiten Mal Stellung. Die Rechnungsbücher 1908 seien in einwandfreier Ordnung,
hob er hervor. Auch zur Anlegung der Hebeliste für die Gemeindesteuern sei diesseits alles geschehen
. Die Stadtverordnetenversammlung habe Mitte Juni den Umlage-Beschluß gefasst,
und erst danach habe die Ausrechnung der Steuerbeträge in Angriff genommen werden können
, eine Arbeit, die einen einzelnen Beamten mindestens 6-8 Wochen beschäftige. Dem
Oberamtmann hielt Bumüller entgegen, dass zum Zeitpunkt seiner Randnotiz schon 6700
Mark Gemeindesteuern eingegangen seien, woraus zu schließen ist, daß auch Steuerzettel
ausgegeben waren. Bumüller versprach, die Gemeindesteuerhebeliste bestimmt bis zum
1. August fertig zu haben.

Karl Schoenfeld ruderte ein Stück zurück. Einige Steuern seien damals bereits eingezogen gewesen
, räumte er am Rand ein, als er Bumüllers Bericht am 29. Juli weiterreichte. Er selbst
habe seinen Steuerzettel aber erst vor einigen Tagen erhalten, andere hätten ihn bis heute
nicht, wollte er nicht klein beigeben. Sauerland interessierten die Nuancen nicht. Er forderte
jetzt ultimativ die Verlängerung von Bumüllers Probezeit. Sie wollen sich eingehend über die
Fähigkeiten des Bumiller [sie] äußern, wenn Sie ihn längere Zeit beobachtet haben, instruierte
er Anton Häußler am 8. August.

Häußler könnte zu dem Ergebnis gekommen sein, dass Hermann Bumüller so unrecht nicht
hatte. Er ordnete jedenfalls das Einzugsverfahren für die Gemeindesteuern neu. Schon zwei
Tage vor Sauerlands Forderung, am 6. August, führte er den Beschluss der Stadtverordneten
herbei, die Gemeindesteuern künftig nicht mehr einmal jährlich, sondern vierteljährlich zum
16. Februar, Mai, August und November einzuziehen und Zahlungsverzüge sofort zu mahnen124
. Der Gemeinderat bewilligte Bumüller auch zehn Tage Urlaub ab dem 7. August. Den
Beschluss teilte Häußler dem Regierungspräsidenten am 18. August mit. Sämtliche Bücher für
1908 seien in Ordnung, beruhigte er. Häußler versprach Hochdruck: Vorläufig werden mög-

124 StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 06.08.1908. Dieses Zahlungsintervall
hat sich 2008 auch im 100. Jahr gehalten. Heute bevorzugt die Stadtverwaltung aber wieder
jährliche Zahlungen.

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