Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 145
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0149
Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

11. Der Defektenbeschluss

Im Rathaus war die Vergangenheit intern jetzt fast bewältigt. Als der gigantische Kassensturz
Ende August 1908 mit der Beschlussfassung über die Rechnungsjahre 1904/05, 1905/06 und
1906/07 geschafft war, konnte Schlussbilanz gezogen werden. Bürgermeister Anton Häußler
legte sie in der Gemeinderatssitzung am 29. Oktober vor. Insgesamt sei ein Schaden von
37.027,88 Mark entstanden: Unterschlagungen Wilhelm Klaibers in Höhe von 20.895,51
Mark, Zahlungsrückstände unermitt[elbarer] Schuldner von 11.129,63 Mark sowie unbei-
treibl[iche] Forderungen von 1624,18 Mark, dazu Kosten für die Ermittlung des Schadens von
3378,56 Mark. Ihnen stünden Guthaben des Stadtrechners in Höhe von 17.904,84 Mark gegenüber
, so dass sich der Fehlbetrag bei der Stadtkasse letztlich auf 19.123,04 Mark beziffere.
Häußler, Gemeinderat Ludwig Weil und der Stadtverordnete Reinhard Strobel unterschrieben
für die Kassenprüfungskommission am Schluss der Sitzung den Antrag auf Erlass des Defektenbeschlusses
an den Bezirks-Ausschuss und die zugehörigen Unterlagen150.
Beantragt war mit dem Schreiben vom 29. Oktober 1908, den Fehlbetrag festzustellen, die
Erben des Stadtrechners als in erster Linie ersatzpflichtig zu erklären und den dort nicht bei-
treibbaren Schaden von Stadtbürgermeister a. D. Konrad Mayer wegen verschiedener Vergehen
und Nachlässigkeiten in der Aufsichtsführung über die Stadtkassenverwaltung zu holen.
Der Beschluss solle für sofort vollstreckbar erklärt und die Zwangsvollstreckung eingeleitet werden
.

In einer Frage wollten Gemeinderat und Stadtverordnete aber immer noch nicht mitmachen.
Die Gemeinderechnung 1903/04, die Carl Sauerland so schwer im Magen lag, hatten die Hechinger
bisher nicht neu geprüft, und sie waren sich einig, dass sie nicht im Defektenverfahren
mitgerechnet werden sollte. Also schwiegen sie erst einmal zu dieser Frage. Als Sauerland
nichts aus Hechingen hörte, forderte er am 10. Oktober 1908 über den Oberamtmann einen
Bericht an. Wer nimmt die Prüfung wahr, wollte Sauerland wissen.

Die Frage hinterließ in Hechingen erst einmal Sprachlosigkeit, aber am 22. Oktober 1908 ermächtigte
der Gemeinderat Bürgermeister Anton Häußler, mündlich bei dem Herrn Regierungs
-Präsidenten den Wunsch vorzutragen, daß von einer Prüfung der Gemeinderechnung
für das Jahr 1903 abgesehen werden kann]5\ Häußler fragte am 3. November in Sigmaringen
an, ob er mündlich Bericht erstatten dürfe. Sauerland war zwar einverstanden, legte ihm aber
nahe, sich schriftlich zu melden. Der Hechinger Bürgermeister tat das am 17. November. Inzwischen
hatten auch die Stadtverordneten getagt. Sie schlössen sich am 12. November der
Sicht des Gemeinderats an. Als Gründe nannten sie in ihrem Beschluss, dass der Nachlaß Klai-
ber nicht ausreicht, Rückstände verjährt sind, das Prüfungs-Ergebnis der nachfolgenden Rechnungen
sich verändert [und] eine Personal-Verminderung nicht eintreten kann. Häußler
überreichte der Königlichen Regierung die Abschriften der Beschlüsse mit der Bitte, sie wolle
von der Anordnung der Prüfung der Gemeinderechnung für das Rechnungsjahr 1903 Abstand
nehmen. Die Rechnung sei nach Einschätzung von Reinhard Strobel an und für sich richtig, die
Prüfung lohne sich nicht, meinte Häußler. Er argumentierte auftragsgemäß, dass der Klaiber-
Nachlass nicht einmal zur Deckung der bis jetzt festgestellten Defekte ausreiche, die meisten
Schulden verjährt seien, die Rechnungen der Folgejahre noch einmal durchgerechnet und die
ganze Defektensache [...] von vorn in Angriff genommen werden müsste. Wenn die Rechnung
geprüft werden müsse, könne die von der Königlichen Regierung gewünschte und auch

150 StadtAH, Bände A 34, Beschlüsse des Gemeinderats, 29.10.1908. StAS, Ho 247 T 1 Nr. 71, Defektensache
des verstorbenen Stadtrechners Klaiber-Hechingen.

151 StadtAH, Bände A 34, Beschlüsse des Gemeinderats, 22.10.1908.

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