Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 149
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0153
Skandal im Kaiserstammland: Der Hechinger Stadtkassendefekt 1907.

hätte das Loch in Wilhelm Klaibers Kasse einen Anteil von 1,5 Prozent. Verglichen mit seinem
Gehalt, lag der Defekt in der Höhe des zehnfachen Jahreseinkommens. Die städtischen Haushaltspläne
heute haben die Grenze von 50 Millionen Euro weit nach oben überstiegen, der
Kernhaushalt - also ohne „Nebenfonds" wie Stadtwerke, Entsorgungsbetrieb und Betriebshof
- hat sich bei mehr als 30 Millionen Euro eingependelt. Hochgerechnet auf drei Jahre - und der
Stadtkämmerer müsste heute mindestens 1,3 Millionen Euro auf die Seite schaffen, wollte er
es Wilhelm Klaiber gleichtun. Auch der Gehaltsvergleich würde den Stadtkassenskandal von
1907 heute wohl an den Millionenbereich herankatapultieren.

12. Die Klaiber-Prozesse: Zwangsversteigerung

Für Luise Klaiber wurde die Situation zunehmend bedrohlich. Am 21. Dezember 1908 beantragte
Anton Häußler beim Bezirksausschuss die Genehmigung zur Einleitung des Zwangsverfahrens
gegen das [...] unbewegliche Vermögen der Klaiber-Witwe160, am 5. Januar 1909
wandte sich Justizrat Senn im Namen der Stadt an die Vollstreckungs-Abtheilung des Amtsgerichts
. Er wollte Luise Klaiber zum Offenbarungseid zwingen und machte einen Schuldtitel
der Stadt über 500 Mark geltend. Die Schuldnerin werde zur Offenlegung ihres Vermögens
aufgefordert, schrieb er76?.

Das Amtsgericht setzte den Termin zur Leistung des Offenbarungseides auf den 11. Januar
fest, Gerichtsvollzieher Fecker stellte die Ladung noch am selben Tag zu. Was er vor Gericht
erfuhr, hat Bürgermeister Häußler der Klaiber-Akte im Rathaus nicht anvertraut. Er sah jedoch
keinen Grund, von der schon im Oktober geäußerten Annahme abzuweichen, dass Luise Klaibers
Erbe für den Ausgleich des Schadens nicht reiche. Diesen Standpunkt vertrat die Stadt
auch weiterhin.

Mit dem Defektenbeschluss des Bezirksausschusses im März 1909 hatte sie den Rechtstitel in
der Hand, den sie zivilrechtlich durchsetzen musste. Zuerst hielt sie ihre Hand auf die Immobilien
. Die Stadtverordneten nahmen am 1. April 1909 den Defektenbeschluss zur Kenntnis
und beauftragten Justizrat Josef Senn, das Weitere zu veranlassen™2. Auf Antrag von Senn ordnete
Amtsrichter Wilhelm Friedrich am Königlichen Amtsgericht schon am 10. April 1909 die
Zwangsversteigerung von Luise Klaibers Wohnung in der Goldschmiedstraße und des Gemüsegartens
an. Der Versteigerungsvermerk wurde am 14. April 1909 in das Grundbuch eingetragen163
.

Zeitgleich machte die Stadt ihre Ansprüche auf die Amtskaution in Höhe von 500 Mark geltend
, die Wilhelm Klaiber bei der Fürstin-Eugenie-Stiftung hinterlegt hatte, als er die Rechnungsführung
übernahm164. In Abstimmung mit Josef Senn, der um neue Vollmacht gebeten

160 StAS, Ho 247 T 1 Nr. 71, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber-Hechingen.

161 StadtAH, A 200, Reg.-Nr. 1240, 5. Stadtpfleger Klaiber 1909/10. Senn ordnete den Offenbarungseid
der Werthklasse 3400 bis 5400 Mark zu.

162 StadtAH, Bände A 62, Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung, 01.04.1909.

163 StadtAH, A 200, Reg.-Nr. 1240, 5. Stadtpfleger Klaiber 1909/10.

164 Auf die Kaution hatte der Vater von Wilhelm Klaiber die Regierung in Sigmaringen aufmerksam gemacht
. Am 21.06.1908 beantragte er bei der Regierungshauptkasse die Rückzahlung. Die Kaution sei
ein Darlehen seines Sohnes Rudolf an Wilhelm Klaiber gewesen und 1903 durch Erbschaft an ihn
übergegangen. Carl Sauerland reichte das Schreiben nach Hechingen weiter mit der Empfehlung, die
Sicherheit zur Deckung des Fehlbetrages in der Stadtkasse [...] mit Beschlag zu belegen, s. StAS, Ho
235 T 7-8 Nr. 728, Defektensache des verstorbenen Stadtrechners Klaiber in Hechingen.

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