Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 152
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0156
Rolf Vogt

Die Ferien-Civilkammer des Landgerichts setzte am 11. September den Verhandlungstermin auf
den 12. Oktober fest. Ex-Bürgermeister Mayer erhielt die Klage mit Terminsbestimmung am 14.
September in Imnau. Er war dort seit dem Sommer Badedirektor173. Zur Verhandlung erschien
er vermutlich in Begleitung von Justizrat Guido Löffler. Der Defektenbeschluss lag dem beklagten
Bürgermeister bis dahin offenbar nicht vor, so endete die Sitzung schnell. Justizrat
Josef Senn stellte Löffler den Beschluss mit allen Anlagen am 13. Oktober 1909 zu. Drei Wochen
brauchte die Beklagten-Seite zu ihrer Erwiderung. Guido Löffler schickte seine 47-seitige
Denkschrift mit Datum vom 3. November an die erste Zivilkammer des Landgerichts174.
Er zweifelte erst einmal die Berechnung des Defekts grundsätzlich an. Durch Eid der Schuldner
stehe längst noch nicht fest, dass die Zahlungen tatsächlich geleistet wurden, schrieb Löffler
. Andere Schulden könnten durchaus noch eingetrieben werden. Mayer ließ mehrere
Beispiele nennen, darunter bekannte Namen, etwa die Carrys. Seinen Unglauben rief hervor,
dass in mehreren Fällen [...] nicht einmal mehr die Namen der Schuldner ermittelt werden
könnten. Ohne Namen gebe es keine Schuld, schrieb Löffler. Auch eine Menge unpfändbarer
Schulden würden in der Defektensumme zusammengerechnet. Löffler führte 16 Fälle an: Das
sind fast lauter Schuldner, bei welchen der Gerichtsvollzieher schon vor Jahren fruchtlos gepfändet
hat. Seine Zweifel fasste er in der Forderung zusammen, er erwarte den Nachweis
sämtlicher Behauptungen und insbesondere aller Defekte. Guido Löffler und Konrad Mayer
drohten der Stadt mit langem und unangenehmen Streit.

Danach wandte sich Löffler den Kosten der Defekten-Feststellung zu. Die Zuziehung eines Rech-
nungssachverständigefn] sei nicht erforderlich gewesen, ließ er im Namen des Altbürgermeisters
wissen. Löffler beanstandete insbesondere die Aufwendungen für die Arbeit von Dünschel,
Hömig, Bumüller, Rathgeber und Lorch. Ihre Kosten seien nicht notwendig gewesen.
Löffler ging ins Grundsätzliche: Zuständig für die Rechnungsprüfung seien die Gemeindekollegien
und insbesondere Rendant Reinhard Strobel. Sigmaringen habe nie Beanstandungen
vorgetragen, auch die Spar- und Leihkasse nie Mitteilungen über den Geldverkehr gemacht.
Insbesondere Sparkassen-Rendant Strobel, durch dessen Hände der Verkehr mit der Stadtkasse
ging, habe Mayer nicht auf das Unzulässige der Transaktionen Klaibers hingewiesen.
Aber gerade Strobel hätte als Stadtverordneter & Beauftragter der Gemeindevertretung bei der
Kassenprüfungskommission die Angelegenheit unter keinen Umständen verschweigen dürfen
, hob Löffler hervor. Er argwöhnte, dass Klaiber den Stadtverordneten Strobel dazu ausersehen
hatte, sowohl den Beklagten als auch den Gemeinderat und die Gemeindevertretung
zu täuschen. Der Justizrat blies zum Gegenangriff: Nicht Mayer - die Stadtverordneten und
insbesondere der von ihnen beauftragte Rechnungsprüfer Reinhard Strobel waren seiner Meinung
nach für den Skandal verantwortlich.

Genüsslich schilderte Mayers Anwalt den Verlauf der Sitzung am 7. Juni 1906: Reinhard Strobel
habe um das Wort gebeten und die Rechnung pro 1904/05 in Einnahme & Ausgabe zif-
fermässig vorgetragen: Er hatte dabei einen halben Bogen Papier in der Hand, von welchem
er seine Angaben ablas. Gegen Mayers Bitte um Feststellung der Rechnung sei kein Widerspruch
laut geworden, insbesondere auch nicht von Seiten des Strobel, und genauso hätten
alle Stadtverordneten das Protokoll unterschrieben. Dass es Bedenken gegen die Rechnung
1905/06 gegeben habe, bestritt Löffler genauso entschieden. Auch wenn der 1. Juli als Termin
zur Feststellung der Vorjahresrechnung immer wieder verstrich, sei kein Misstrauen entstanden.
Der Gemeinderat sei über die Probleme mit der Liquidität in der Stadtkasse informiert gewesen
, hielt Löffler fest. Kurzum: Mayer sei sich einer Vernachlässigung seiner Dienstaufaufsichtspflicht
nicht bewusst.

173 Hz. Bl. Nr. 147/05.07.1909. Vgl. Walter Sauter: Zeitungs-Index (wie Anm. 5) S. 1656f.

174 StadtAH, A 200, Reg.-Nr. 1240, 5. Stadtpfleger Klaiber 1909/10.

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