Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 162
(PDF, 59 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0166
Rolf Vogt

die Ablehnung Emil Beizers durch die Hechinger Gemeindekollegien wegen seiner Freundschaft
zum Bürgermeister bejahen.

Schoenfelds Verdikt, dass die Beamten im Oberamt zu normalen Zeiten dreimal so viel zu leisten
hätten wie die Beamten im Rathaus, lässt sich nur schwer prüfen. Ein Urteil immerhin
liegt vor. August Vezin, der im Herbst 1905 als junger Oberlehrer an das Realgymnasium kam,
gewann seiner Arbeit in Hechingen bald positive Seiten ab, weil sie, „wenn auch durchweg
nicht weniger Zeit, so doch erheblich weniger Kraft" beanspruchte im Vergleich zu seinen bisherigen
Stellen in Münster, Warburg und Coesfeld und dem, was er vom übrigen Preußen
kannte. Vezin hatte trotzdem kein schlechtes Gewissen, denn er wusste, dass „die Herren von
der Verwaltung und vom Gericht [...] noch weniger in Anspruch genommen" waren206.
Vielleicht muss dieses Urteil gerade bei Wilhelm Klaiber relativiert werden. Dass er sich bereichert
hätte, wurde ihm später weder von der Stadt noch vom Regierungspräsidium vorgeworfen207
. Stets war die Rede von der Unordnung in der Stadtkasse und den Nachlässigkeiten
des Stadtrechners, und das hohe Guthaben, das ihm im Defektenverfahren zugesprochen
wurde, spricht für sich. Seine Fahrlässigkeiten in der Buchführung könnten auch mit Zeitmangel
erklärt werden. Er musste schnell arbeiten, um alles zu erledigen. In solcher Situation
entstehen Fehler. Als das Gaswerk in seine Zuständigkeit kam, war er überfordert. Rechnungen
blieben liegen, und die Buchführung geriet immer mehr in Verzug. Jahrelang hatte er
seine Aufgaben unbeanstandet und - den Berichten zufolge - mit einem Herz für die sozial
schwachen Kreise bewältigt, aber spätestens 1905 stellten ihm Staat und Stadt, König und Bürgermeister
unlösbare Aufgaben. Seine Rolle ist eher tragisch.

17. Die Erinnerung: Geschichte wiederholt sich

Die Hechinger Zeitungen hatten erhebliche Mühe mit dem Stadtkassenskandal von 1907, er
warf sie in ein Dilemma. Konrad Mayer war Zentrumsmann und Wilhelm Klaiber ein Liberaler,
die Frontlinie also schwer zu ziehen. Das Bemühen um größtmögliche Zurückhaltung ist über
längere Zeit offenkundig, auch wenn sich nicht jede Nachricht vermeiden ließ. Der katholische
Zoller überging die Angelegenheit völlig - als fände sie nicht statt. Den Hohenzollerischen Blättern
ist anfangs genauso wenig zu entnehmen, aber nach dem bitter endenden Besuch Friedrich
Wallishausers im Gasthaus Lamm finden sich Berichte häufiger. Die Schlachthausaffaire
nutzte der Verleger, um zu zeigen, dass die harten Vorwürfe aus dem nächtlichen Streit unberechtigt
waren. Wilhelm Johlitz gab er in seiner Zeitung zum Abschuss frei. Die Charakterfrage
, die Wallishauser im „Lamm" toben ließ, könnte allerdings unbeantwortet geblieben
sein, wenn man bedenkt, dass seine Zeitung den Bürgermeister schonte, aber mit aller Macht
den einfachen Angestellten in die Öffentlichkeit zog.

Die Bedingungen, dass der Stadtkassenskandal in Vergessenheit geraten konnte, waren bereits
früh gegeben, aber einige Jahre lang grollte immer mal wieder der Donner. Als in jenem denkwürdigen
Mai 1911 die Stadtverordneten auch heftig über die von Bürgermeister Anton Häuß-

206 August Vezin: Mein Einstand (wie Anm. 22) S. 79.

207 Am strengsten ging Bürgermeister Anton Häußler mit Wilhelm Klaiber ins Gericht - ohne ihn je gekannt
zu haben. Häußler sprach von der vorschriftswidrigen, höchst fahrlässigen resp[ektive] nachlässigen
und ungetreuen Verwaltung der Stadtkasse - aber nur im Schriftverkehr mit dem Bezirks-
ausschuss. Luise Klaiber gegenüber argumentierte er moderater und wies auf die mangelhafte und ungetreue
Verwaltung Ihres Ehemannes hin, s. StAS, Ho 247 T 1 Nr. 72, Erlaß von Defektenbeschlüssen
bei der Stadtkasse.

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