Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 291
(PDF, 59 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0295
Uwe Uffelmann: Das frühe Frankenreich 482 - 687. Anfänge der abendländischen Geschichte.
Neuried: ars et unitas Verlag 2008. 237 S., 81 Karten, Abb.

Das merowingische Frankenreich findet in den letzten Jahrzehnten ein beachtliches Interesse.
Dass ein Sachbuch zu einem doch entlegeneren Thema innerhalb von 20 Jahren nicht weniger
als fünf Auflagen erlebt, wie das Buch von Eugen Ewig zum Frankenreich, ist ungewöhnlich
. Ausgesprochen umfänglich ist auch die Liste neuer Monografien, die Uffelmann in seiner
Literaturliste anführen kann. Schließlich mag es die stark in Mode gekommene Europa-Diskussion
sein, die zu diesem Thema einlädt. Dabei fallen die großen Unterschiede auf, die das
Buch von Uwe Uffelmann von der klassischen Literatur unterscheidet. Bei Ewig sucht man vergebens
nach einer Karte zu den ständig präsentierten Reichsteilen Austrien, Neustrien und
Burgund. Uffelmann dagegen präsentiert nicht weniger als 32 Karten. Bei Uffelmann wird
nicht nur von den Fahrten der merowingischen Könige im Ochsenkarren erzählt, sondern eine
mittelalterliche Abbildung zu diesem Gefährt geliefert. Die merowingischen Herrscher werden
im Münzbild vorgestellt wie in mittelalterlichen Buchillustrationen. Wirtschaftsformen werden
nicht nur beschrieben, sondern auch durch entsprechende Abbildungen illustriert. Schon allein
dadurch entsteht beim Leser ein anschauliches Bild.

Dieses Streben nach Anschaulichkeit zeichnet aber auch den Text selbst aus. Uffelmann verzichtet
bewusst auf die ermüdende Chronologie merowingischer Herrscher und auf die ständig
variierenden Kondominiumsregelungen in den Teilreichen und im Gesamtreich, auf die
permanenten Zwistigkeiten innerhalb der merowingischen Königsfamilie mit zahlreichen Morden
und Verbannungen ins Kloster. Um so klarer tritt dagegen das zu Tage, was den Autor als
eigentliches Anliegen beschäftigt: das Weiterwirken der Antike in dieser Übergangszeit, genauer
gesagt, die Scharnier- oder Doppeltürfunktion des Frankenreichs zwischen Antike und
Mittelalter, gemeint als das Schließen der einen Epoche und das Öffnen der anderen. Überaus
plausibel legt der Autor dazu die Rolle des (romanischen) senatorischen Adels in seiner militärischen
und administrativen Funktion dar. Dass der romanische Adel dies als Bischof tut - das
ist eben das Kennzeichen dieser Epoche: Das für das Funktionieren der Gesellschaft so wichtige
Erbe der Antike wird im Rahmen eines christlich werdenden Vielvölkerstaats transportiert.
Damit kann Uffelmann weitaus besser als ältere Literatur die politische Funktion der Taufe
Chlodwigs zeigen und insbesondere den Umstand erklären, dass Chlodwig sich dem Katholizismus
zuwendet und nicht, wie andere germanische „Stämme", dem Arianismus. Chlodwigs
Konzept ist tragfähiger und zukunftsträchtiger, weil er sich damit der Richtung der bischöflichen
Amtsträger anschließt, die für die königliche Herrschaftsausübung unentbehrlich sind,
und weil er damit auch die romanische Bevölkerung enger in das Reich einbinden kann. Ausführlich
werden wichtige Quellenstücke im Wortlaut präsentiert und dann interpretiert, immer
wieder wird auch das Ineinandergreifen von schriftlichen Quellen und archäologischen Funden
demonstriert, etwa am Diptychon Barberini als Beweisstück für die Rolle Childeberts III. im
Übergang von der Merowingerherrschaft zu den Karolingern und am Grab König Childerichs
I. Der historisch so wichtige Grabfund wird bei Eugen Ewig auf einer halben Seite abgehandelt
. Uffelmann verwendet darauf fünf Seiten, zwei Karten und vier Abbildungen mit dem Ergebnis
, dass viele Leser die Passage bei Ewig bestenfalls beim zweiten Lesen entdecken
werden, bei Uffelmann dagegen die historische Relevanz sofort deutlich und unübersehbar
vor Augen haben: Dass diese Taufe nicht so sehr eine persönliche religiöse Entscheidung war
(so erscheint sie bei Heinz Löwe), sondern ein hochpolitischer Akt, sorgfältig abgesprochen mit
den fränkischen Führungskräften, vollzogen sowohl im Hinblick auf die Bischöfe wie die Romanen
im Frankenreich. Diese Taufe findet ihre Fortsetzung im vom merowingischen Königtum
massiv geförderten Martinskult. Ingesamt kann der Autor dadurch deutlich machen, dass

291


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2008/0295