Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
44(129).2008
Seite: 295
(PDF, 59 MB)
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regen Zuspruchs und präsentierten sich von ihrer demographischen Entwicklung her als gefestigte
und vitale Einrichtungen" (S.138). Die Konzentration bestimmter Herkunftsorte in den
Konventen wiederum lässt auf das Phänomen lokaler „Seilschaften" oder auch engerer sozialer
Beziehungsgeflechte zwischen den Frauen schließen. Neben den durchaus kommerziell ausgerichteten
Aktivitäten gehörte das soziale und karitative Engagement zu den zentralen Gründungsidealen
der Frauengemeinschaften, obwohl sie im Zeitalter Josephs II. als kontemplative
Orden bezeichnet wurden. Die Mehrzahl der Konvente partizipierte im 17. und 18. Jahrhundert
am „Bauboom" der südwestdeutschen Klosterlandschaft und errichtete neue, schlichte
Baukomplexe. Der traditionelle Standort in der Nähe einer Pfarrkirche und damit im Zentrum
einer städtischen oder dörflichen Siedlung wurde beibehalten und spiegelt die enge, sich häufig
in einem Verbindungsgang zwischen Kloster und Kirche auch baulich manifestierende Bindung
an eine Pfarrkirche wieder. Es ist des Weiteren davon auszugehen, dass die Nonnen im
örtlichen gesellschaftlichen Leben präsent waren und von daher durchaus auch in weitaus
stärkerem Maße als andere, abgeschlossen lebende Frauenkommunitäten sowie als Identifikationsmuster
und Rollenmodell für weibliche Bevölkerungsschichten fungieren konnten. Die
Tertiarinnenklöster erwiesen sich nur bedingt als Versorgungsanstalten für Bürgerstöchter der
unmittelbaren Umgebung, vielmehr griffen sie auf ein von Bayern bzw. Bayerisch-Schwaben
bis Südtirol reichendes geographisches Rekrutierungsgebiet zurück. Dabei ergaben sich starke
landsmannschaftliche Ausprägungen, die auf enge soziale Beziehungsgeflechte hindeuten.
Die Klöster scheinen ein breites Spektrum bäuerlich-bürgerlicher Gesellschaftsschichten abgedeckt
zu haben (S. 176).

Das abschließende Kapital über die Bedingungen und Möglichkeiten nachklösterlicher Existenzen
(S. 178-282) untersucht die Frage, welche Auswirkungen der erzwungene Ruhestand
auf das Leben der betroffenen Konventualinnen hatte und inwieweit deren zukünftige Existenz
durch weitere Faktoren bestimmt wurde. Tatsächlich wurde der Handlungsspielraum für
die nachklösterliche Existenz nicht nur durch den staatlich vorgegebenen engen Versorgungsrahmen
beeinträchtigt, sondern auch durch bischöfliche „Bevormundung". Zur Wahrung
der kirchenrechtlichen Grundlagen wurde den weiblichen Ex-Religiosen ein quasi
klosterähnlicher Status aufoktroyiert, der den kirchlichen Institutionen auch weiterhin eine
Kontrollfunktion über diese Personengruppe erlaubte. Die Mehrzahl der Konventualinnen bekannte
sich auch nach der Aufhebung zu einem klösterlichen Leben. Mit der Durchsetzung der
kirchlichen Konditionen - Befreiung von den Ordensregeln, aber keine Auflösung der Gelübde,
dafür die Unterstellung unter die bischöfliche Aufsicht - wurde der ursprünglich von staatlicher
Seite aus gewährte Aktionsradius für die nachklösterliche Existenz rigoros eingeschränkt.
Dennoch wählte die überwiegende Mehrheit der Klosterfrauen die weltliche Alternative zum
Klosterleben weniger aus dem Wunsch heraus, ein weltliches Leben zu führen, sondern vielmehr
auf Grund konkreter, erfahrungsbedingter Vorbehalte gegenüber einem klösterlichen
Neuanfang. Das einvernehmliche Zusammenleben und Zusammenwachsen als Kommunität
wurde von den Frauen als immenser Kraftakt empfunden, den viele nicht mehr von neuem zu
leisten bereit und in der Lage waren (S. 280). Bei vielen Klosterfrauen dominierte der Wunsch
nach einer Kontinuität des Zusammenlebens und wurde, unter Umgehung staatlicher Verbote,
durch die Gründung von „Wohngemeinschaften" realisiert. Während ein Teil der Frauen das
staatliche Modell der „Kostherren" akzeptierte, strebten andere eine weitgehend autonome,
eigenverantwortliche Existenz durch die Gründung eines eigenen Hausstandes an. Die Klosterfrauen
zeigten durchaus Eigeninitiative beim Aufbau ihrer nachklösterlichen Existenz, die
sie auf ihre persönlichen Bedürfnisse ausrichteten. Bei ihren Überlebensstrategien konnten sie
auf Grund der Außenbezogenheit der Tertiarinnenklöster auf bestehende Kontakte und Netz-

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