Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 3
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Geraubte Heimat

herrn Freiherr von Liebenstein die Ansiedlung von zunächst 25 jüdischen Familien ermöglicht
und diesen die freie Religionsausübung und eine gewisse Selbstverwaltung garantiert
hatte.6 Ihr Großvater Samuel Frank (1793-1859) ist einer dieser jüdischen Neusiedler
, der aus dem bayerisch-schwäbischen Fellheim nach Buttenhausen kommt und
seine bis nach Osterreich und wohl auch nach Böhmen führenden Reisen als Wanderhändler
in hebräisch geführten Notizbüchern über seine Geschäftsabschlüsse dokumentiert
.7 In Buttenhausen bemüht sich Samuel Frank 1830 um eine Gaststättenkonzession
, weil ihn der Handel nicht ernähren könne. Das um 1830 erbaute sog.
„Kalebshaus" sowie ein Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof erinnern bis heute in
Buttenhausen an diesen Vorfahren der Sigmaringer Frank.8 Die Herkunft von Samuel
Franks Eltern aus Frankenweinheim bzw. Endingen in der Schweiz sowie der Schwiegereltern
aus Illereichen bzw. Laupheim zeugen von den weit reichenden Heiratskreisen
und Migrationsradien der südwestdeutschen Landjuden bereits im Vorfeld der
Emanzipation.9

Sigmund Frank wird am 17. November 1854 als drittes von insgesamt 13 Kindern
von Kallmann Frank (1825-1881) und seiner Ehefrau Theresie geb. Höchstetter (1825-
1908) in Buttenhausen geboren.10 Er gehört zur ersten Generation von Juden, denen
sich nach der 1864 auch in Württemberg eingeführten bürgerlichen Gleichberechtigung
die Chance für einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstieg eröffnet. Im Unterschied
zu anderen jüdischen Unternehmern wie den Inhabern der Zigarrenfabrik
Lindauer, der Pferdehandlungen Gebr. Löwenthal und Tannhauser oder der Putz- und
Manufakturwarenfabrikation Sofie Löwenberg,11 die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
einen wirtschaftlichen Aufstieg erleben und dem „Judenort" Buttenhausen
eine bemerkenswerte ökonomische Dynamik bescheren, sieht der junge Sigmund
Frank seine Perspektiven offenkundig von Anfang an außerhalb seines Heimatdorfes.
Bereits mit 17 Jahren wandert er nach Nordamerika aus, lebt dort offenbar in New
York und erwirbt die amerikanische Staatsangehörigkeit.12 Der familiären Überlieferung
zufolge kehrt er 1877 nach Deutschland zurück, weil ihm seine spätere Frau, die
damals allerdings erst 16jährige Caecilia (Cilly) Höchstetter (1861-1919), nicht nach
Amerika folgen will.13 In der zur Eheschließung von Sohn Siegfried 1909 erscheinenden
„Hochzeits-Woche" wird mit humorvollem Unterton jedenfalls berichtet, dass Sigmund
Frank und seine Ehefrau Cilly in einer Ehe ohne jede Staatsangehörigkeit lebten

6 Juden in Buttenhausen. Hg. v.d. Stadt Münsingen. Münsingen 220 04 (Schriftenreihe des Stadtarchivs
Münsingen 3), S. 13 ff.

7 Ebenda, S. 37.

8 Ebenda, S. 16, 37, 56; Gräberverzeichnis Buttenhausen 1813-1914, Grab 142 (HStAS J386 BÜ124).

9 Familienbuch israelische Religionsgemeinde Buttenhausen 1778-1882 Nr. 12 (HStAS J 386 Bü 125).

10 Ebenda Nr. 55; Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzol-
lern- Israelische Religionsgemeinde Buttenhausen Bd. III 1859-1920, fol. 32v (HStAS J386 Bü 123). Kallmann
Frank wiederum ist das am 23. Februar 1825 geborene dritte von vier Kindern von Samuel Frank
und seiner Ehefrau Jeanette geb. Kahn (1797-1872). Auch die Gräber von Kallmann Frank und seine Ehefrau
Theresie haben sich auf dem jüdischen Friedhof von Buttenhausen erhalten (Gräberverzeichnis Buttenhausen
, wie Anm. 8, Gräber 192 und 33).

11 Juden in Buttenhausen (wie Anm. 6), S. 40.

12 Familienbuch Buttenhausen (wie Anm. 9), Nr. 55, mit der Nennung des Aufenthaltsortes New York.

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