Freiburger historische Bestände - digital

Geraubte Heimat

stelle in das örtliche Amtsgerichtsgefängnis eingeliefert
.114 Nach dreitägiger Haft erreicht die
couragierte Emma Frank beim Sigmaringer
Bürgermeister die Freilassung ihres Mannes -
gegen das Versprechen, mit den bereits vorliegenden
Papieren und dem nächsten Zug
Deutschland zu verlassen. Siegfried Frank wird
daraufhin am 13. November aus dem Gefängnis
entlassen, geht unmittelbar zum Sigmaringer
Bahnhof und fährt nach Amsterdam - ohne seine
Wohnung nochmals wiedergesehen zu haben
.115 Emma Frank bleibt zunächst in Sigmaringen
zurück, um Handgepäck für ihre Reise
nach Holland und Amerika zu richten und um
einen Teil der mobilen Habe der Familie für die
Verschiffung nach Amerika vorzubereiten. Lisa, Siegfried und Emma Frank, 1936

Bevor sie ihrem Mann sechs Tage später nach (Vorlage: Lisa Heyman, Florida).
Amsterdam nachfolgt, fährt sie noch nach Augsburg
, um nach ihrem Bruder Leopold Rieser zu sehen, von dessen Verhaftung nach dem
9. November 1938 sie bereits wusste. Nach den Schilderungen ihrer Tochter Lisa wird
sie durch ein Zeichen am Fenster von dessen Augsburger Wohnung an die Gestapo verwiesen
, wo man ihr den Tod von Leopold Rieser mitteilt.116 Der Rechtsanwalt hatte nach
dem Novemberpogrom zur Gruppe der in Augsburg verhafteten Juden mit dem Bestimmungsort
des Konzentrationslagers Dachau gehört. Beim Eintreffen im KZ wurde
Leopold Rieser derart misshandelt, dass er am 13. November 1938 den dabei erlittenen
Verletzungen erlegen war.117 Emma Frank kann, so die Darstellung ihrer Tochter Lisa,
die Freigabe des Leichnams ihres Bruders erreichen und diesen sodann in München bestatten
.118 Am 20. November 1938 sehen sich die Eheleute Frank in Amsterdam wieder,
das Hotel „Eden" dient ihnen als Unterkunft. Am 8. Dezember 1938 fahren Emma und
Siegfried Frank mit dem Dampfer „Nieuw Amsterdam" und Passagekosten von 474 Doller
von Rotterdam nach New York - in die Freiheit. In Louisville in Kentucky, wo ein
Bruder von Emma bereits lebt, sehen sie ihre schon in den Vorjahren ausgewanderten

114 Teilbescheid des Landesamts für Wiedergutmachung Tübingen vom 26.8.1954 (Wiedergutmachungsverfahren
Siegfried Frank, wie Anm. 18). - Die Inhaftierung von Siegfried Frank vom 10.11., 15 Uhr, bis
13.11.1938, 13 Uhr, ist auch im Gefangenenbuch des Amtsgerichts Sigmaringen dokumentiert (Registratur
des Amtsgerichts Sigmaringen, Gefangenenbuch IV - Polizeigefangene 1904-1941, Eintrag 1938 Nr. 5,
künftig StAS Ho 414/4) (freundliche Mitteilung von Amtsrichter Wolfgang Wenzel).

115 Filminterview Lisa Heyman 1997 (wie Anm. 42). - Schreiben Lisa und Patsy Heyman vom 17.11.2010
(wie Anm. 84).

116 Ebenda.

117 Weber, Rechtsanwälte (wie Anm. 83), S. 122. - Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter
der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945. Hg. v. Bundesarchiv (www.bun-
desarchiv.de/gedenkbuch/directory.html) - Eintrag zu Leopold Rieser, geb. 10.3.1880 in Ichenhausen, Inhaftierung
und Tod im KZ Dachau am 13.11.193 8.

118 Filminterview Lisa Heyman 1997 (wie Anm. 42).

25