Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 27
(PDF, 40 MB)
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Geraubte Heimat

daß solche nicht geduldet werden. Durchaus unfreiwillig enthüllt die wenig närrische
Tirade, dass entgegen den Bekundungen der Nazis zumindest ein Teil der Sigmaringer
Einwohner die Vertreibung der Familie Frank bedauerte und vermutlich sogar als bitteres
Unrecht und Gewalttat empfand.125 Es war damit den Sigmaringer Narren vorbehalten
, Siegfried Frank und seine Familie zunächst 1910 mit dem Ritt auf der Bräut-
lingsstange närrisch-symbolisch in die örtliche Bürgergesellschaft aufzunehmen und
1939 den einstigen Bräutling und seine Angehörigen mit antisemitischen Beschimpfungen
endgültig auszugrenzen.

Eine treue Freundin und Sachwalterin der verjagten Familie Frank ist auf jeden Fall
Anna Engel in der Josefinenstraße. Als Generalbevollmächtigte der Franks lässt sie im
Frühjahr 1939 einen Teil des zurückgelassenen Hausrats in zwei Überseelifts mit einem
Gesamtgewicht von 6400 kg zur Verschiffung nach Amerika verpacken. Durch die
Stuttgarter Spedition „Bahr, Moehring & Co." erfolgte bis Mai 1939 der Transport in
den Freihafen von Bremen, wo die Fracht dann indessen liegen blieb, weil das Finanzamt
Sigmaringen die Auszahlung der Frachtkosten vom noch bestehenden Konto der
Franks nicht freigab. Angeblich schuldete Siegfried Frank noch Geld an Verwandte, die
unter Hinterlassung von sog. Reichsfluchtsteuerschulden ausgewandert seien. Als nach
Kriegsbeginn im September 1939 eine Verschiffung von Bremen aus nicht mehr möglich
ist, erfolgt ein Transport der Lifts nach Rotterdam, das wiederum als Verladeort
nach dem deutschen Uberfall im Mai 1940 blockiert ist. Die Odyssee des Frankschen
Mobilbesitzes führt im Februar 1941 zurück nach Stuttgart, wo im Auftrag der Gestapo
eine Versteigerung des Umzugsgutes zur Befriedigung der von der Spedition reklamierten
Transportkosten erfolgt. Vom Versteigerungserlös von 13365 RM gelangen
nach Abzug eines Einfuhrzolls und der Speditionskosten gerade einmal 3472 RM auf
das Konto der Franks bei der Hohenzollerischen Landesbank, um 1943, wie geschildert
, mit dem gesamten Kontobestand vom NS-Staat beschlagnahmt zu werden.126 Verloren
geht auch der Rest des Frankschen Hausrats, darunter wertvolle Möbel und eine
kostbare Briefmarkensammlung, deren Spur in einer Garage in Laiz sich nach dem November
1941 verliert.127 Die Ausplünderung der Vertriebenen wird mit deutscher
Gründlichkeit bis zum bitteren Ende fortgeführt.

6. SCHWIERIGER NEU ANFANG IN AMERIKA

Weitestgehend mittellos und anfänglich ohne englische Sprachkenntnisse - am humanistischen
Sigmaringer Gymnasium wurde neben Griechisch und Latein als einzige
moderne Fremdsprache Französisch gelehrt - standen die Franks vor einem schwierigen

125 Erstmals auf den antisemitischen Narrenartikel von 1939 aufmerksam gemacht hat Otto H. Becker:
Freut Euch des Lebens. Zur Geschichte der Sigmaringer Fastnachtsbräuche. Altenriet 2002, S. 32.

126 Teilbescheid des Landesamts für Wiedergutmachung Tübingen vom 26.8.1954. - Schilderung des Tatbestands
im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart, 7. Zivilsenat, Urteil vom 21.3.1963
wg. Entziehung von Umzugsgut zu Lasten von Siegfried Frank (Wiedergutmachungsverfahren Siegfried Frank,
wie Anm. 18).

127 Urteil Oberlandesgericht Stuttgart vom 21.3.1963 (ebenda).

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