Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 31
(PDF, 40 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2010/0039
Geraubte Heimat

Eine offizielle Einladung der Stadt Sigmaringen an die verfolgten und vertriebenen ehemaligen
Mitbürger und deren Nachkommen, so wie dies viele andere Städte und Gemeinden
in Deutschland in den letzten Jahrzehnten praktiziert haben, hat es lange Zeit
nicht gegeben - bis, auch als Folge dieser Studie, Bürgermeister und Gemeinderat 2012
mit der Verlegung von „Stolpersteinen" am ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus der
Franks in der Karlstraße in Gegenwart von Nachfahren der Familie neue Wege des Er-
innerns an das geschehene Unrecht und der Versöhnung gegangen sind.

Es bleibt abschließend noch ein kurzer Blick auf die Rückerstattungs- und Wiedergutmachungsverfahren
zu richten, die auch im Fall der Familie Frank wenigstens den
erlittenen materiellen Verlust wieder ausgleichen sollten. Die bürokratischen und juristischen
Verfahren vor dem Tübinger Landesamt für Wiedergutmachung und verschiedenen
Gerichten ziehen sich seit dem Ende der 1940er Jahre über nahezu zwei
Jahrzehnte hin und sind letztlich auch ein Spiegel des schwierigen Umgangs der deutschen
Nachkriegsgesellschaft mit den Hypotheken einer furchtbaren Vergangenheit
und eines in der Geschichte einmaligen Zivilisationsbruchs.138 Die verschiedenen Mitglieder
der Familie erhalten durch Amtsbescheide, Vergleiche und Gerichtsurteile in
diversen Portionen Wiedergutmachungszahlungen für eingebüßten Besitz, erlittenen
Schaden in Ausbildung und beruflichem Fortkommen und die entstandenen Auswanderungskosten
.139 Verweigert wird der Witwe Emma Frank eine Entschädigung für die
dreitägige Haft ihres Mannes, da nach dem Buchstaben des Gesetzes (§ 45 BEG) eine
Leistung erst ab einem Freiheitsentzug von mindestens einem Monat gewährt werden
kann.140 Für zahlreiche der insbesondere 1938 und 1939 unter äußerem Druck veräußerten
Grundstücke und Gebäude müssen die damaligen Käufer, darunter neben der
Stadt Sigmaringen, der Spar- und Darlehenskasse Laiz und der Konsumgenossenschaft
Sigmaringen-Saulgau auch zahlreiche Bauern und andere Privatleute, Nachzahlungen
leisten oder die Immobilien nach erfolgter Restitution an die früheren Inhaber ein
zweites Mal erwerben.141 Von vielen der Betroffenen wird dies als Unrecht empfunden,
da sie nach eigener Wahrnehmung seinerzeit die Frankschen Immobilien rechtmäßig
und zu regulären Preisen erworben hätten.142 In der Summe ist es schließlich ein Betrag
von mehr als 100000 DM, der den Franks in Form von Rückerstattungen und Wiedergutmachungsleistungen
in diversen Portionen und verteilt über nahezu zwei Jahrzehnte
gewährt wird. Der gänzlich mittellosen und ohne eigenes Einkommen bei ihren Kin-

138 Grundsätzlich zum Thema Roland Müller: Der lange Schatten des Unrechts. Zum Umgang mit Verfolgten
und Opfern des NS-Regimes nach 1945. In: Weber, Opfer des Unrechts (wie Anm. 99), S. 291-306.

139 Wiedergutmachungsverfahren Siegfried Frank (StAS Wü 33 T 1 Nr. 3165), Emma Frank (StAS Wü 33
T 1 Nr. 5979), Kurt Frank (StAS Wü 33 Tl Nr. 6158), Anna Frank (StAS Wü 33 T1 Nr. 6111), Lisa Hey-
man geb. Frank (StAS Wü 33 T1 Nr. 6475).

140 Bescheid des Landesamts für Wiedergutmachung Tübingen vom 12.6.1959 (Wiedergutmachungsverfahren
Siegfried Frank, wie Anm. 18).

141 Zusammenstellung der vor der Restitutionskammer des Landgerichts Hechingen anhängig gewesenen
Restitutionsverfahren im Zusammenhang mit ehemaligem Besitz von Siegfried Frank (Beilage zum
Schreiben von Rechtsanwalt Ott an das Landesamt für Wiedergutmachung Tübingen vom 9.9.1954, Wiedergutmachungsverfahren
Siegfried Frank, wie Anm. 18).

142 Zeitzeugenbefragung von Zita Maier geb. Heutele, Sigmaringen-Laiz, durch Heinz Berger, Sigmarin-
gen-Laiz, am 9.12.2010 (Kreisarchiv Sigmaringen).

31


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2010/0039