Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 59
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Ein Ereignis und seine Deutung

derer adeliger Herkunftslegenden. Es ist die Erzählung von Ferfried, dem ersten Grafen
von Zollern.15 Sebastian Münster veröffentlichte diese Herkunftslegende in seiner
1544 gedruckten und bis 1650 durch 27 Auflagen weit verbreiteten ,Cosmographia'.16
Hier erfuhr man über den ,Gründer' dieser schwäbischen Dynastie folgendes:

Wegen Streitigkeiten im römischen Patriziat trat Ferfried, ein Angehöriger der Familie
Colonna, aus dem Senat aus und zog unter Mitnahme seines Vermögens nach
Deutschland zu Kaiser Heinrich III., dem er von seinem Streit berichtete und seine Unschuld
darlegte. Der Kaiser gab ihm den Berg, auf dem das Schloss Hohenzollern erbaut
wurde, verlieh ihm die Gegend um den Berg als Grafschaft und Reichslehen und
machte ihn zum Grafen. Zugleich verlieh ihm der Kaiser den Reichszoll, von dem der
Berg und das Grafengeschlecht ihren Namen erhielten, und Ferfried erhielt vom Kaiser
das Wappen, das die Grafen von Zollern noch führen.

Die Akzeptanz, die die Ferfriedlegende bei den schwäbischen Zollern erfahren hat,
zeigt sich in der Namengebung. Ein im Kindesalter verstorbener Sohn des Grafen Eitel
Friedrich III. (1494-1525) trug den Namen Ferfried, und ebenso der 1538 geborene
und 1556 jung verstorbene, älteste (!) Sohn des Grafen Karll. (1516-1576).17

Beim Erscheinen von Münsters ,Cosmographia' war die Chronik Hermanns von
Reichenau mit der bis zum Jahr 1066 reichenden Fortsetzung Bertholds schon seit
15 Jahren als Druck zugänglich,18 aber bei den Zollern noch nicht bekannt geworden.
Selbst wenn man von Bertholds Nachricht über Burchard und Wezel gewusst hätte,
war Ferfried, ein Mann, der in der Gunst des Kaisers gestanden hatte, als Spitzenahn
eher geeignet, als die Kunde von zwei erschlagenen Vorfahren, über die man sonst
nichts hätte berichten können.

Schon bevor Sebastian Münster die zollerische Herkunftslegende 1544 zum Druck
brachte, hatte sich die Auffassung von der Herkunft des deutschen Adels zu ändern begonnen
. Mit dem Aufkommen des deutschen Nationalgefühls - gefördert durch die
Rezeption der ,Germania' des Tacitus, der vermutete, die Germanen seien Ureinwohner19
- lehnten die deutschen Humanisten die fremde Herkunft der Deutschen und des

Theorien über die Abkunft der Habsburger. Ein Exkurs zur Cronica Austrie des Thomas Ebendorfer. In:
Ders.: Aufsätze und Vorträge. Bd. II. München 1971, S. 1-101. (Erstmals erschienen 1944). Vgl. dazu ergänzend
: Jörg W. Busch: Mathias von Neuenburg, Italien und die Herkunftssage der Habsburger. In:
Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 142 (1994), S. 103-116.

15 Uber die Entstehung der Ferfriedlegende wird der Verfasser in der in Arbeit befindlichen Textausgabe
der Hauschronik der Grafen von Zollern berichten.

16 Sebastian Münster: Cosmographia. Basel 1544, S. 414. - Zu Münster (1488-1552) vgl.: Claus Pries-
ner: Art. „Münster, Sebastian". In: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 539-541. - Heinrich Pantaleon
(1552-1595) übernahm diesen Text in seine ,Prosopographia heroum atque illustrium virorum Ger-
maniae' (Tl. 2. Basel 1565, S. 115) und in die deutsche Ubersetzung (,Teutscher Nation Heldenbuch', Tl. 2.
Basel 1568, S. 163).

17 Julius Grossmann, Ernst Berner, Georg Schuster und Karl Theodor Zingeler: Genealogie
des Gesamthauses Hohenzollern. Nach den Quellen bearb. und hg. Berlin 1905, S.71, Nr. 500; S. 72,
Nr. 508.

18 Johann Sichard: En damus chronicon divinum plane opus eruditissimorum autorum. Basel 1529,
S. 206. - Zu Sichard (1499-1552) vgl.: K. Luig: Art. „Sichard, Johannes". In: Handwörterbuch zur deutschen
Rechtsgeschichte 4 (1990), Sp. 1654-1658.

19 Cornelius Tacitus: De origine et situ Germanorum. Kap. 2: Ipsos Germanos indigenas crediderim.

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