Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 102
(PDF, 40 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2010/0110
Andreas Zekorn

Zwischen Juden und Bürgern kam es verschiedentlich zu Konflikten, insbesondere
weil die Juden in Handelskonkurrenz zu den Bürgern traten und ihnen als Kreditgebern
häufig Wucher vorgeworfen wurde. Für die Herrschaft waren die Einnahmen aus dem
Judenschutzgeld aber wohl doch so lukrativ und die Juden als Wirtschaftsfaktor und
Kreditgeber so bedeutend, dass sie von jedem neuen Fürsten einen Schutzbrief ausgestellt
erhielten. Außerdem konnten die Juden wegen der hohen Verschuldung der Untertanen
bei ihnen nicht einfach ausgewiesen werden.88 Gegen Ende des 18. Jahrhunderts bildete
sich das Stadtviertel „Haag" als eine Art jüdisches Getto heraus.89 Eine Synagoge besaßen
die Haigerlocher Juden erst ab 1783, zuvor gab es nur einen Betsaal in einem Wohnhaus.*

Von den weiteren Einwohnergruppen seien zunächst die Hintersassen genannt, Personen
, die kein Bürgerrecht und damit kein politisches Mitwirkungsrecht am Gemeinwesen
besaßen. Sie waren der städtischen Willkür ausgesetzt und konnten in Notzeiten
aus der Stadt gewiesen werden. Von ihrer sozialen und ökonomischen Situation waren
sie eher arm und der städtischen Unterschicht zuzurechnen. Allerdings sind auch vermögende
Hintersassen belegt, so dass innerhalb dieser Bevölkerungsgruppe ebenfalls zu
differenzieren ist. Die Hintersassen waren zu Fron-, Wacht- und Botendiensten sowie,
vermutlich in einem begrenzten Umfang, zum Mittragen anderer bürgerlicher Beschwerden
verpflichtet.91

Ein Großteil der Einwohnerschaft Haigerlochs war im 16. Jahrhundert leibeigen: 1548
wurden 105 leibeigene Männer und 117 leibeigene Frauen, insgesamt also 222 Leibeigene
gezählt, von denen zwar 95 Personen keinen Herrn hatten, die aber wohl als zolle-
rische Leibeigene angesehen wurden. Explizit werden nur sechs Freie in Haigerloch aufgeführt
.92 Die Angaben müssen jedoch mit Vorsicht behandelt werden, denn in einem

88 Sauer, Jüdische Gemeinden (wie Anm. 84), S. 87f. - Hodler, Haigerloch (wie Anm. 2), S. 327ff.,
S. 332, S. 340ff. - Kallenberg, Fürstentümer (wie Anm. 14), S. 144f. - Zu den Einkünften aus dem Schirmgeld
und den Krediten: Renteirechnungen Haigerloch 1660/61 (StAS FAS 3 T 2 Nr. 104 und 105): Schirmgeld
85Gulden; 1700/01 (StASFAS3T2Nr. 173): Schirmgeld 148Gulden; 1746/47 (StASFAS3T2
Nr. 220): Schirmgeld 224 Gulden. Zum Vergleich: die Mai- und Martinisteuer aus der gesamten Herrschaft
Haigerloch erbrachte ca. 284 Gulden ein (Renteirechnungen 1660/61; 1700/01). 1746/47 gaben die Juden
dem Fürsten ein zinsloses Darlehen in Höhe von 750 Gulden. - Vgl. auch Kuhn-Rehfus, Juden in Ho-
henzollern (wie Anm. 84), S. 34ff., S. 38 (insbesondere zur Verschuldung der Untertanen).

89 Sauer, Jüdische Gemeinden (wie Anm. 84), S. 88. - Steim, Juden (wie Anm. 84), S. 11 f.

90 Hahn, Juden in Hohenzollern (wie Anm. 84), S. 414f. - Steim, Synagoge (wie Anm. 84), S. 5. - Andreas
Zekorn: Kultur in Hohenzollern - Kunst, Bildung, Wissenschaft, Presse und Vereinswesen. In:
Kallenberg, Hohenzollern (wie Anm. 84), S. 360-409, hier S. 365 f.

91 Hodler, Haigerloch (wie Anm. 2), S. 351, S. 823. - Allgemein zur Stellung der Hintersassen auch: Zekorn
, Zwischen Habsburg (wie Anm. 13), S. 91 ff. Hodler schreibt zwar, dass die Hintersassen keinen
Anteil am Bürgernutzen hatten und keine bürgerlichen Lasten tragen mussten (S. 823), doch wird zuvor
aus einer Bittschrift der Bürger von 1699 zitiert, in der gebeten wird, die Juden gleich den andern Hintersassen
zu Fron-, Wacht- und Botendiensten und anderen bürgerlichen Beschwerden anzuhalten (S. 351). In
Sigmaringen entrichteten die Hintersassen ein jährliches Hintersassengeld, waren zu Frondiensten verpflichtet
und leisteten einen fixen Beitrag zu Steuer und Kontribution. Dafür hatten sie eingeschränkten
Anteil am Bürgernutzen (Zekorn, Zwischen Habsburg [wie Anm. 13], S. 91 ff.). - Im Übrigen sagt die
Landesordnung von 1652 unter dem entsprechenden Artikel praktisch nichts zu Hintersassen aus (Stadtarchiv
Haigerloch, Amtsbuch Nr. 5, S. 277-422; StAS Ho 177 T 4 Nr. 273, Art. 111).

92 Eisele, Grafschaft Zollern (wie Anm. 10), S. 35f., S. 67f.

102


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2010/0110