Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
46(131).2010
Seite: 136
(PDF, 40 MB)
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Karl-Peter Krauss

daß des Johann Baptista Bommers Sohn in dem allhiesigen Kranckhen Hauß bey der
Heiligen Dreyfaltigkeit genannt, schwer darnider gelegen und da solcher verspühr-
te, daß dises vielleicht seine letzte Kranckheit wäre, seine Letzte Willens Meinung,
wie aus Beyläage zu ersehen, daß Er diesen Kranckhen Hauß fl. 50 testiret, daruf Er
auch in wenigen Tagen in Monath Jenner Todes verblichen, dem Herr Peter Maximilian
Döller Director von dem Kranckhen Hauß Ehrlich zur Erden bestatten lassen.
Tatsächlich veranlasste der Vater, dass das Spital die 50 Gulden erhielt.51

Bei einer Auswertung des Kirchenbuches von Bukin ergibt sich, dass in den ersten beiden
Jahrzehnten nach der Ansiedlung nur 27 Prozent der von 1751 bis 1769 geborenen
Kinder ihren 15. Geburtstag erreichten. In der darauf folgenden Dekade stieg dieser
Anteil auf 33 Prozent. Die Säuglingssterblichkeit betrug in der Zeit von 1751 bis 1759
45 Prozent und sank in den folgenden zwei Dekaden auf 43 (1760-1769) bzw. 35
(1770-1779) Prozent. Die Kindersterblichkeit vor Erreichen des 15. Lebensjahres betrug
zudem 28 (1751-1759), 31 (1760-1769) und 32 (1770-1779) Prozent.

Doch in welchen familiären Konstellationen befanden sich die überlebenden Kinder
? Zunächst war es nur einer Minderheit an Kindern vergönnt, bis zum Alter von
18 Jahren bei den leiblichen Eltern aufzuwachsen. Von 1751 bis 1769 waren das in Bukin
nur 32 Prozent, in der Dekade von 1770 bis 1779 36 Prozent. Die anderen Kinder
wuchsen als Halbwaisen und Waisen auf. Natürlich sind diese Zahlen im Kontext der
allgemeinen demographischen Verhältnisse in der Frühen Neuzeit zu sehen. Doch auch
dann weichen sie von denen in den Herkunftsregionen ab. So ist es wenig erstaunlich,
wenn diese familiären Konstellationen auch einen Niederschlag im kollektiven Gedächtnis
der Auswanderer und in manchen Liedern gefunden haben. Aus Abtsdorf
(ung. Bätaapäti) im Komitat Tolna ist ein Lied folgenden Inhalts überliefert, das hier
auszugsweise zitiert wird: 1. „Es steht ein Kindlein da / die eine Waise war, / die einst
in bittrer Not / nach ihrer Mutter frug. 2. Ach Vater, Vater mein, / wo ist mein Mütterlein
? / Dein Mütterlein schläft fest, / die sich nicht wecken lässt! 3. Da ging das arme
Kind / zum Friedhof 'nauf geschwind / und grub mit Fingerlein / und rief: Mein
Mütterlein! 4. Mein Kind, mein Kind, geh heim, / eine andre Mutter ist dein! / Eine andre
Mutter ja wohl, / aber nicht so gut wie du! 6. Und reicht sie mir ein Brot, / so
wünscht sie mir den Tod; / aber du, mein Mütterlein, / du gabst mir noch etwas dazu!
8. Legt sie mich in die Ruh, / schlägt sie die Türe zu; / aber du, mein Mütterlein, du /
sagst mir ein Gebetlein dazu".52

Gerade für Waisen von Siedlerfamilien, die sich in Ungarn noch nicht etabliert hatten
und damit bei Sterbefällen noch nicht auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen
konnten, gab es wenig Alternativen. So schrieb der selbst schwer erkrankte Sebastian
Lorch im Juli 1818, nachdem er berichtet hatte, dass sein Sohn Ignatz in Slawonien gestorben
sei: Der Joseph Leffler und sein Weib wie auch 3 Kinder sind auch gestorben; die
Kinder welche noch beim Leben sind, die sind nun gut versorgt, und als eigene Kinder
angenommen worden, nämlich Alouisius, Franziska, und Juditha. Ich hatte vielle Mühe

51 StASHo72T3Nr.442.

52 Konrad Scheierling (Hg.): Lieder aus Abtsdorf-Bätaapäti. Kludenbach 1989, Nr. 64.

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