Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z6
Zeitschrift für Parapsychologie
9=61.1934
Seite: 26
(PDF, 78 MB)
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ablehnende Einstellung des Christentums gegenüber diesen Erscheinungen erklärt
, das ist die Bedrohung der mensehlieiien Handlungs- und Willensfreiheit.
Der Christ merkt, daß durch die okkulten Tatsachen die „herrliche Freiheit der
Kinder Gottes" gefährdet wird und der Mensch von neuem ein „Knecht" zu werden
droht. Jeder Pfarrer, der sich mit dem „Aberglauben" in seiner Gemeinde
beschäftigt, weiß, wie gefährlich gerade diese Seite des Aberglaubens ist. Nicht
nur, daß 99o/o der geglaubten Dinge nichts Parapsychologisches enthalten, sondern
barer Unsinn sind, sondern \iei schlimmer ist es, daß hier eine seelische
Einstellung erzeugt wird, die den Menschen in milden Fällen zu Torheiten, in
ernsleren zu Unglück und Gemeingefährlichkeiten treiben kann. Hierfür nur
zwei Beispiele: Yor ein paar Jahren beerdigte ich eine junge Frau, die an Tuberkulose
gestorben war. Hinterher erfuhr ich, daß man lange zuvor bei der „weisen
Frau" gewesen war, die die Krankheit für unbedeutend erklärte und sagte,
daß der demnächst kommende Arzt die baldige Genesung bestätigen würde. Der
Arzt kam und stellte fest, daß sie kaum noch 8 Tage »zu leben hätte. Die Bestürzung
war natürlich sehr groß. Am Anfang dieses Jahres hielt ich einen Vortrag
über Aberglauben. Am Tage darauf wurde mir erzählt, daß eine Frau
meiner Gemeinde beinahe Selbstmord begangen hätte, weil sie bei dieser Gelegenheit
erfahren hatte, daß man sie im Dorfe für eine Hexe halte! Da eine
geglaubte und gelebte Religion in erster Linie praktische und nicht theoretische
Interessen verfolgt, so ist hier einer der stärksten Gründe für das Mißtrauen
gegenüber allem Okkulten. Echte Religion jedoch führt diesen Kampf ganz
anders, als etwa skeptische Aufgeklärtheit. Religion nimmt die okkulten Dinge
durchaus ernst. Es sind ihr Äußerungen tatsächlicher Mächte. Es handelt sich
bei ihr um eine Abwertung dieser Dinge, nicht um eine Leugnung. Schon aus
diesem Grunde ist eine nähere Beschäftigung mit den Fragen der Parapsycho-
logie für den Pfarrer und Theologen notwendig. Es kann nun hier nicht auf
alle in Frage kommenden Probleme eingegangen werden, sondern es soll nur das
Problem Willensfreiheit, Schicksal, Glaube herausgegriffen werden, weil hier
der Kernpunkt der Auseinandersetzung zwischen christlicher Religion und allem
„Okkulten" Hegt, und das ist auch für die Parapsychologie von Wert.

In ^Nummer 12 1931 S. 585 berichtet E. von Winterfeld über Hellsehen
in die Zukunft unter der Überschrift: „Eigene Erlebnisse mit Hellsehern, zugleich
ein Beitrag zu der Frage der Willensfreiheit." Im Schlußsatz seiner Ausführungen
bemerkt er: „Ich schließe daraus, daß es mit der Willensfreiheit des
Menschen nicht weit her ist." Diese Äußerung ist charakteristisch für die Bedrohung
der menschlichen Freiheit durch okkulte Erlebnisse, Denn \on dieser
Erkenntnis bis zu einem lähmenden Einfluß auf Handeln und Wollen ist für
viele Naturen nur ein kleiner Schritt. Das tragische Geschick des biblischen
Königs Saul steht ohne Zweifel in Zusammenhang mit seinem Gang zur Ilexo
>on Endor. Saul, der seinen Untertanen das Geisterzitieren verbot, muß selbst
diesen Weg gehen. Wenn ein Regent selber nicht mehr weiß, was er zu tun
oder das Vertrauen zu Gott verloren hat, dann nützt ihm auch das Erscheinen
eines Geistes nichts, im 'Gegenteil, seine Lage wird nur noch verworrener. Ein
ähnliches Beispiel aus jüngster Geschichte bildet das schreckliche Los der russi-


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