Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z6
Zeitschrift für Parapsychologie
9=61.1934
Seite: 223
(PDF, 78 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1934/0248
223

Wort, daß sie Spiritistin sei und meine direkten Fragen diesbezüglich beantwortete
sie immer geschickt ausweichend.

Vorerst kriegte ich nichts anderes zu kosten, als was meiner totalen Unkenntnis
und meinem Widerspruchsgeist angemessen war. Zugänglicher geworden, trugen
meinem Rohzustand angepaßte Schriften das ihre dazu bei, mich etwas besser
einzuweihen. Äußerst interessant fand ich die spiritistischen Photographien, von
dienen mir meine Freundin einmal zwei mitbrachte. Beide, sagte sie, seien mit einem
gewöhnlichen Apparat, aber in Gegenwart eines dazu veranlagten Mediums aufgenommen
worden.

Auf dem einen Bildchen stand eine junge Frau an einem Grabhügel. Hinter ihr
und leicht über sie gendgit hob sich eine undeutlich umrissene Gestalt in wallendem
Gewände ab. Diese „Zugabe" wurde von der Kirchhofgängerin mühelos als
die verstorbene Mutter wiedererkannt.

Die andere Photographie stammte von einem englischen Gedenktag des Waffenstillstandes
. Sie umfaßte einen Teil der ungeheuren Menschenmenge, die sich
alljährlich vor dem Kenotaphion in London versammelt. Als „Extra" erblickte man
schattenhafte, dicht gedrängte Gestalten, die mit den andern an der Feier teilnahmen
.

Bei allern übrigen aber, was ich vom Spiritismus erfuhr, war es mir keineswegs
gemütlich, überkam mich doch öfters das Gruseln, das ich als Kind beim Zuhören
von Räubergeschichten empfand, und nicht selten wünschte ich, mich nicht mit
dieser Sache befaßt zu haben.

Ein Erlebnis steht mir deutlich in Erinnerung. Wir saßen bei schon vorgerückter
Stunde zusammen und plauderten. Draußen und drinnen herrschte Stille. Von
ungefähr kam die Rede auf meinen verstorbenen Vater, von dem ich allerhand Anerkennendes
zu berichten wußte. Während einer kleinen Redepause vernähme«
wir deutlich ein dreimaliges Klopfen, aul das meine Besucherin sogleich mit den
Worten hinwies:

„Haben Sie's gehört? Was für ein eigenartiges Geräusch! Es kam aus jener
Ecke dort."

Nicht im geringsten davon berührt, vermutete ich, die über mir wohnenden
Mieter hätten sich an ihrer Heizung zu schaffen gemacht, was sich bei mir als
ein Pochen auswirkte.

„Haben Sie vielleicht eine Photographie Ihres Herrn Vaters in Ihrer Nähe?"
fuhr meine Freundin unbeirrt weiter.

„Ja, da hinter Ihnen hängt sie über meinem Schreibtisch." — Meine Freundin
erhob sich, ging zur Wand, aus derelfi einen Ecke das Geräusch gekommen war
und betrachtete das Bild ziemlich lange.

„Und wenn sich Ihr Herr Papa jetzt angekündigt hätte?"

„Unsinn! Zudem wäre mir dieser Gedanke geradezu unheimlich."

„Sie fürchteten sich cloch aber früher nicht vor Ihrem Vater."

„Natürlich nicht."

„Warum wäre Ihnen denn heute seine Anwesenheit unerwünscht?"
„Er ist doch tot."

„Eben nicht. Daß Sie ihn nicht zu erblicken vermögen, ändert nichts an der
Tatsache, daß er Sie hört und sieht. Sie sprachen doefi so lebhaft von ihm da
versuchte er sich wohl bemerkbar zu machen. Wie muß es ihm zumute sein, wenn
Sie ihn einfach nicht wollen?"'

Nach einigem Nachdenken meinte ich: „Wenn dem wirklich so wäre? Doch
nein, dann könnte jeder und jedes kommen, mich aber von unsichtbaren Wesen
umringt zu denken, behagt mir gar nicht. Zum Wahrnehmen besitze ich meine
Sinne, das genügt mir. Von etwas anderm will ich nichts wissen."

Damit sprangen wir vom Thema ab. Geflissentlich verdrängte ich jeden Gedanken
daran. Natürlich ließ sich das nur obenhin bewerkstelligen und als ich kurz
darauf erkrankte, wirkte sich das Gespenstische zu meinem Ärger in meinen Fieberdelirien
aus. Da zogen einmal sechs langbärtige, in weiße Roben eingehüllte
Männer schweigend und langsam hintereinander schreitend an mir vorüber. Ich
fühlte, daß es Geister waren. Dieses instinktmäßige Erfassen erhielt eine Bestätigung
durch das Erscheinen meines Vaters, der, wie zu Lebzeiten gekleidet, den
Zug beschloß. Sein Gesicht, das er allein mir voll zuwandte, sah fast chinesenhaft


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zs_para1934/0248