Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z6
Zeitschrift für Parapsychologie
9=61.1934
Seite: 229
(PDF, 78 MB)
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Kleine Mitteilungen.

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straße. Am anderen Morgen war mein erster Gang zu Pa»ul M. — „Ist Freund M. zu
Hause?" — „Nein, vor 15 Minuten zum Bureau gegangen, aber er wird sofort
von dort telephonieren." So geschah es. Auf meine vorsichtige Frage: Wo
warst du gestern? erfolgte klar die Antwort: „Nur in K. Wir haben im Passage-
Restaurant einen sehr vergnügten Frühschoppen uns geleistet. — Schade, daß du
nicht dabei warst." — „Also du warst nicht in Berlin?" — „Denke gar nicht
daran." — Im genannten Restaurant wurde mir die Tatsache bestätigt vom
Wirt und allen Kellnern: „Herr Paul M. war von 1/212—1 Uhr hier und so ausgelassen
wie noch nie." — Eine längere Reise ins Ausland mußte ich vorbereiten
, sie lenkte meine Gedanken von dieser Geschichte ab, ich hörte nur noch,
der betreffende Berliner Paul M. sei zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt.

Als ich nach sehr langer Zeit nach Köln zurückkehrte, hörte ich, Paul M.
sei nach Neapel verzogen, befinde sich wohl, es ginge ihm ausgezeichnet. —

Auch ich war inzwischen ins Ausland übergesiedelt und empfing dort 1904
ein Telegramm: Muß dich morgen früh 10 Uhr in V. Bahnhof dringend sprechen
. Paul M. — Wir freuten uns des Wiedersehens und behandelten intensiv
eine industrielle Frage, die meinem Freunde aufgetragen war und für die er
nicht genügende Kompetenz besaß. Auf sein Raten hin fertigte ich innerhalb
4 Wochen alle Baupläne usw. an und erhielt kurze Zeit darauf eine Karte aus
Neapel: „Vorzüglich, Dank und Gruß P. M." Weiter kein Wort, aber so war
er stets, kurz angebunden.

Vier Jahre später endlich erfüllte sich mein Wunsch, das schöne Land Italien
selbst kennenzulernen. — Auf einmal in Rom überfiel mich eine schlimme
Unruhe, ich ließ mich nicht mehr halten und fuhr nach Neapel. Mein erster
Ausgang galt der Via Roma, wo der Palazzo liegt, in welchem mein Freund
M. lebte. Mir fielen daselbst die vielen und schönen Lorbeerbäume auf, die auf
Treppen und Korridoren standen. Auf der II. Etage las ich das Schild P. M.
Auf mein Schellen öffnete mir eine schwarzgekleidete Italienerin. Als sie mich
erblickte, schrie sie auf. Ohne ein Wort zu sprechen, ohne mich nach dem Begehr
zu fragen, nahm sie mich sofort an die Hand und führte mich in einen
Saal, in dem man beschäftigt war, Trauerdekoration zu entfernen: Vor 20 Minuten
hat man Ihren Freund zum Friedhofe gebracht. Ich war sprachlos. Sie
führte mich an der Hand weiter in das Schreibzimmer meines Freundes und zeigt
auf mein Porträt über dem Schreibtische und sagte mir: „Die drei letzten Tage
hat Paul M. immer nach Ihnen gerufen, er wollte Sie sprechen. Was, weiß ich
nicht. Ich hatte Sie sofort an der Tür nach dem Porträt erkannt, deshalb mein
Aufschrei." Vom Schreibtische des Freundes nahm ich mir zum Andenken seinen
Federhalter mit. —

Jahre vergingen. Der Weltkrieg wehte mich ins alte Vaterland zurück. 1918
saß ich mit Freunden in einem Hotelgarten am Rhein in Godesberg. Thema der
Unterhaltung war die ganz offen angekündigte Revolution für den Monat November
. — Plötzlich wurde meine Aufmerksamkeit auf den Herrn gerichtet, der
einige Tischreihen von uns aufstand und in Begleitung von zwei jungen Damen
zum Ausgange des Gartens strebte. — Ich staunte — mein Freund Paul. Ich rief
laut: „Lehm op Paul" (Lehmop war der Regimentsruf der Bonner Husaren, bei
welchen mein Freund seine Dienstzeit vor Jahren absolviert hatte). Der Herr —
es war zweifelsohne Paul M.v— grüßte lachend, lüftete den Hut, winkte und zog
zum Hauptgange des Gartens. Ich verständigte meine Begleitung mit wenig
Worten und Hef ihm nach. Fand ihn nicht. Fragte im Eingang nach dem Herrn,
der eben mit zwei Damen den Garten verlassen hätte — man zeigte ihn mir auf
der Uferpromenade. „Es war Paul, gealtert, aber bestimmt Paul."

Ich eilte ihm nach, erreichte ihn aber nicht, er war auf das zur Abfahrt
bereitliegende Dampfschiff nach Köln gestiegen und dies inzwischen bereits abgefahren
.

Als ich am gleichen Tage nach Pauls Federhalter griff, war er verschwunden
und ist bis heute noch nicht wieder ans Tageslicht gekommen. Wer war in
Godesberg? Einem meiner Tischgenossen zeigte ich 2 Tage
später unter vielen Bildern dasjenige von Paul M. Es wurde,
ohne daß ich ein Wort sagte, erkannt: „Das war ja der Herr
aus diesem Garten, den Sie nicht einholten." Der Rest ist und
bleibt Schweigen. Albert Hof mann, Mehlem.

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